Wohnen in einer alten Brauerei

Neues Leben in alten Häusern

Wohnen in einer alten Brauerei

Fast am Ende des 20. Jahrhunderts, 1984, ist die ehemalige Brauerei am Rothenbacher Weg eine nicht gerade ansprechende Ruine ohne Strom, Heizung oder Sanitäranlagen, dafür aber voller Schutt. Bis Hans-Peter und Christel Cramer das Haus kauften und mit viel Herzblut, harter Hände Arbeit, Vorstellungskraft und Hartnäckigkeit aus dem Dornröschenschlaf erweckten.

Allerdings nicht ganz freiwillig. »Eigentlich wollten wir das Gebäude abreißen«, sagt Hans-Peter Cramer. »Aber das hätte uns in den Ruin getrieben«, ergänzt Ehefrau Christel. Denn die Mauern sind bis zu 1,60 Meter dick, an Abtragen oder gar Sprengen war nicht zu denken. Und so haben sich die tatkräftigen Eheleute in Eigenregie über zehn Jahre lang durch die mühselige Restaurierung gekämpft und sich dafür handwerkliche Fähigkeiten und technisches Know-how angeeignet.

»Ich bin Jurist, ein Büromensch eigentlich«, sagt Hans-Peter Cramer und ist stolz auf seine Bruchsteinmauern, die er, von den Originalen kaum zu unterscheiden, errichtet hat. Wo heute das Wohnzimmer mit großem Kamin ist, war früher der Brauraum. Davon zeugt noch die imposante preußische Ziegelkappendecke, typisch für Nutzgebäude der Zeit, die allerdings erst nach zweimal Sandstrahlen ihren eigentlichen Charme entfaltete.

Überhaupt sind die Eheleute immer wieder auf Überraschungen gestoßen. Die größte: ein massiver Stollen, der 26 Meter tief in den Fels des Rothenbacher Tales hineinführt – das ehemalige Fasslager der Brauerei, wie Hans-Peter Cramer erklärt. Hier ist es Sommer wie Winter 8 bis 9 Grad kühl, aber auch sehr feucht. Heute ist das Fasslager trockengelegt, ein wunderschön hergerichtetes Gewölbe, in dem ab und an Konzerte stattfinden und die Kinder des Ehepaares manch wilde Party feierten.

»Wenn man ein altes Gebäude mit gewissen Besonderheiten sein Eigen nennt, beschäftigt man sich mit der Frage, was hier vorher war«, erklärt der Hausherr sein Interesse für die Geschichte des alten Gemäuers. Im Rösrather Stadtarchiv fanden die Cramers die Konzession der »königlichen Regierung zu Cöln« zum Bau und Betrieb der Privatbrauerei aus dem Jahre 1860. Um das Jahr 1862 habe die Brauerei dann ihren Betrieb aufgenommen und bis ins 20. Jahrhundert bestand ein Hausausschank, an dem sich auch die Bergbauarbeiter mit Bier versorgten.

Die Brauerei belieferte auch die Gaststätten in Hoffnungsthal mit Bier, aber auch mit Eis zu dessen Kühlung. Gegenüber der Brauerei befand sich früher ein Teich. In den kalten Wintern wurden hier Eisblöcke herausgesägt und auf Strohballen im Eiskeller des Hauses gelagert. Bis nach dem Ersten Weltkrieg wurde am Rothenbach gebraut, danach verlaufen sich die Spuren im Dunkeln der Geschichte.

In der Gegenwart ist aus dem Gemäuer ein Traumhaus für eine Familie geworden, mit den fürs Bergische typischen Materialien restauriert und mit interessanter Vergangenheit. (Sigrun Stroncik)