Polarlichter in Nordnorwegen

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Polarlichter in Nordnorwegen

Das ist der Beginn einer bis heute wohl einzigartigen Schiffsreise, die seit 1908 von Bergen nach Kirkenes und zurück im täglichen Liniendienst führt. Bis heute sind die Hurtigruten-Schiffe das geblieben, was sie seit Beginn waren, Frachter und Passagierschiff. Diese Mischung verbunden mit einer zumeist atemberaubenden Landschaft links und rechts ist es wohl, die die Hurtigruten als die schönste Seereise der Welt erscheinen lässt – auch oder besonders im Winter.

Von November bis Januar ist die Sonne in Nordnorwegen hinter dem Horizont verschwunden. Doch selbst in der dunklen Zeit erlebt man mitten am Tag eine Dämmerung, deren Licht unglaublich schön sein kann. Viel Schnee fällt im Winter, Schnee von Ende November bis Anfang Mai. Doch aufgrund des Golfstroms sind die Häfen an der Küste eisfrei. Die Fahrt auf einem der Hurtigruten-Schiffe geht von Bodö nach Kirkenes unterbrochen durch winterliche Landausflüge der Extraklasse.

In dieser eigenartigen Dämmerung vermitteln tosende Wasserfälle und beeindruckende Fjorde auf imposante Art die Unberührtheit der Natur. Während der Durchfahrt durch den Raftsund und vor der Einfahrt zum Trollfjord sind sie plötzlich um Mitternacht an Bord – die Trolle, und auch schon wieder verschwunden. Dagegen begrüßt Arve Hunnestad, der Häuptling des Wikingermuseums auf den Lofoten, seine Gäste leibhaftig und lädt zu einem Wikingerfest mit Erzählungen in Originalkostümen, Gesang und Tanz ein, natürlich mit hausgemachtem Met oder Honigbier. Das Museum ist eine Rekonstruktion des größten Wikingergebäudes, das jemals gefunden wurde. Einige Bauteile stammen noch aus der Zeit um 500 bis 900 nach Christus.

Winter in Nordnorwegen, das heißt warme Kleidung und festes Schuhwerk, besonders, wenn es in Tromsö, der größten Stadt im hohen Norden, vom Schiff auf den Hundeschlitten geht. Ein beeindruckendes Erlebnis, sich von zehn Huskys über die Eislandschaft ziehen zu lassen, mit einem faszinierenden Blick über das Meer, die Berge und die offenen Plateaus.

Nordnorwegen, das ist auch das Nordkap, der nördlichste Punkt Europas. Wenn das Wetter mitspielt, kann man im Bus hinter einem Schneepflug auch in der dunklen Jahreszeit das Kap erreichen. Spätestens dann heißt es warten, warten auf Aurora borealis, die Morgenröte des Nordens, das Polarlicht. Zwischen Oktober und April spielt sich am Himmel das berühmteste Naturspektakel des Nordlandes ab. Flirrende, in Rottönen changierende, grün oder violett leuchtende Lichtvorhänge breiten sich am Himmel aus und scheinen magische Tänze zu vollziehen. Verständlich, dass sich in der nordischen Kulturgeschichte viele Mythen um das alljährlich wiederkehrende Nordlicht ranken, von dem die Menschen gleichermaßen fasziniert wie berührt waren. Für den kommenden Winter sieht das norwegische Zentrum für Raumforschung optimale Voraussetzungen für spektakuläre Nordlicht-Erlebnisse, da die Sonnenaktivität, die in einem elfjährigen Rhythmus variiert und die Intensität des Nordlichts beeinflusst, einen weiteren Höhepunkt erreichen wird.

Das Schiff erreicht Kirkenes an der russischen Grenze. Eine Stadt voller Kontraste, mit russischen Straßenschildern, finnischer Sprache, samischer Kultur und dem Schneehotel. Eine eisige Rezeption, eine eisige Bar und minus vier Grad empfangen den Besucher. Jede Eissuite, mit kunstvoll geschnitzten Eisskulpturen bereichert, verbreitet eine märchenhafte Stimmung bei Kerzenlicht. Eine arktische lautlose Nacht in dicken wärmenden Schlafsäcken wartet. Ein Erlebnis, welches nur der Winter bietet. (Wilfried Kochner)