Singen ist wie Hochleistungssport

Ruth Theresa Fiedler

Singen ist wie Hochleistungssport

»Der Weg dorthin war nicht immer leicht«, gesteht Fiedler, die der Liebe wegen seit 2013 Rösrath als Heimat auserkoren hat und hocherfreut war, in welch »musikalisches Nest sie da gezogen ist«. So singt die quirlige, zierliche Künstlerin inzwischen mit großer Begeisterung auch bei Kirchenkonzerten unter der Leitung von Kantorin Doris Röskenbleck und lobt die Qualität und Professionalität der lokalen Akteure.

»Auf dem Weg zum Erfolg muss man einiges wegstecken können, hart arbeiten und nie den Glauben an das eigene Talent verlieren«, erzählt die gebürtige Berlinerin und betont das Glück, in einer sehr musikalischen Familie groß geworden zu sein. Schon mit drei Jahren darf sie auf dem Klavier klimpern«, die Mama singt mit ihr und ihrem Bruder. Immer wieder begegnet Fiedler Menschen, die ihr Talent fördern, wie die erste Klavierlehrerin oder der Kantor, bei dem sie erstmals Gesangsunterricht nimmt. Mit 15 Jahren wagt sie in einer überfüllten Kirche ihr erstes klassisches Solo mit der Weihnachts­historie von Heinrich Schütz. »Meine Mutter hat Blut und Wasser ge­schwitzt«, erinnert sich Fiedler lach­end. Inzwischen genießen die Eltern ihre Auftritte ganz entspannt. Sie waren es auch, die ihre Tochter trotz man­cher Rückschläge immer wieder bestärkten, ihren Traumberuf zu erlernen. So schafft Fiedler schließlich die Aufnahmeprüfung auf die Hochschu­le für Künste in Bremen und studiert dort fünf Jahre klassischen Gesang bei Susanne Schlegel. Als Diplomkoloratursopranistin besucht sie Meisterkurse bei Gundula Janowitz, Rudolph Piernay oder Cheryl Studer. Für das Feintuning nimmt Fiedler 2006 Gesangsunterricht bei Carol Meyer-Bruetting. »Das hat meine Stimme nach vorn gebracht und ihr in hohen Lagen eine besondere Strahlkraft verliehen«, resümiert sie dankbar.

Nach dem Studium heißt es auch für Fiedler erst einmal Vorsingen, Vorsingen, Vorsingen. Von 2008 bis 2010 arbeitet sie in Projekten mit der Kölner Opernwerkstatt, singt die »Königin der Nacht« in der Kinderoper und als Gast mit dem Kammerchor RIAS in Berlin. Der Durchbruch gelingt 2010 mit der Rolle der »Olympia« aus »Les Contes d’Hoffmann« von Jacques Offenbach am Theater Lüneburg, wo sie die Fach­welt 2013 als festes Ensemblemitglied in der Rolle der »Lucia di Lammermoor« in der gleichnamigen Oper von Donizetti begeistert.

»Singen ist wie Hochleistungs­sport, die Stimmbänder sind das Werkzeug und müssen regelmäßig auf höchstem Niveau trainiert werden«, erklärt Fiedler. Vor jedem Auftritt wird die Stimme aufgewärmt, Atem und Gesang müssen in Balance zueinanderkommen. Fiedler hält vor dem Konzert einen geregelten Ablauf ein und sorgt nach einem ordentlichen Frühstück bei einem Spaziergang für Sauerstoff in der Lunge. Nach dem Einsingen ruht sie, »um ganz runterzukommen und für den späteren Auftritt neue Spannung aufzubauen«.

Obwohl die Sängerin hauptsächlich konzertante Engagements hat, ist sie bei jedem Auftritt auch als Schauspielerin gefragt und lässt sich beim Singen in ihre Rolle fallen. »Das Studium der Oper, der Arie, des klassischen Stückes im historisch­en Kon­text sind wichtige Bestand­teile meiner Arbeit«, bestätigt sie. Zwischen den Auftritten sorgt Fiedler für Pausen, um ihre Stimme »nicht zu verbrüllen«. In diesen Zeiten gibt sie unter anderem Gesangsunterricht für Kinder und Erwachsene. Auch die eigene Stimme wird regelmäßig trainiert, im Sommer schon mal bei geöffnetem Fenster. »Bisher gab es nur positive Rückmeldungen von den Nachbarn«, freut sich die engagierte Künstlerin und fügt hinzu: »Die Rösrather sind ein sachkundiges Publikum, für die ich gerne das Weihnachtsoratorium in diesem Jahr singen werde.« (Petra Stoll-Hennen)