Lisa-Ann Borgmann

Rösrath liest

Lisa-Ann Borgmann

»Wenn man liest, ist man in einer komplett anderen Welt«, sagt sie. »Außerdem bereichert Literatur den Geist und erhöht die soziale Kompetenz, weil sich der Leser mit den verschiedensten Blickwinkel auseinandersetzen muss«, ist sie überzeugt. Während ihres Studiums hat sich die Schlossmanagerin durch die Weltliteratur gelesen und sich in ihrer Abschlussarbeit mit dem autobiografischen Roman von Günter Grass »Beim Häuten der Zwiebel« und der internationalen wie nationalen Diskussion über Grass’ SS-Vergangenheit beschäf­tigt. »Es ist eben spannend, was Bücher doch manchmal auslösen können.«

Ansonsten schmökert sie auch gerne in Fantasyliteratur, vor allem dann, wenn es der Autor schafft, mit Worten eine eigene geschlossene Welt zu kreieren, ganz so wie es Tolkien beim Herr der Ringe gelungen ist. Am meisten liest Lisa-Ann Borgmann natürlich im Urlaub, weil sie da mehr Muße hat, und ansonsten am liebsten im Bett.

Und dann darf es auch schon mal ein Kriminalroman sein, so wie das Buch, das sie vorstellen möchte: Koma vom Norweger Jo Nesbø. Ein richtiger Popcorn-Schmöker. Koma ist der zehnte Band der Harry-Hole-Reihe. »Ein Kommissar aus Oslo, bei dem sich mancher wohl die Frage stellt, ist der mir überhaupt sympathisch. Er ist alkoholkrank, hat soziale Probleme und macht im Namen der Gerechtigkeit auch schon mal was eigentlich Illegales.

In Koma wird zunächst ein junges Mädchen tot im Wald gefun­den, es wurde brutal vergewaltigt. Zehn Jahre später wird an derselben Stelle ein Polizist getötet, sein Ge­sicht wurde dabei grausam entstellt. Eine Sonderkommission fängt an, unter Hochdruck zu ermitteln. Es beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. »Denn es stellt sich nach und nach heraus, dass ein Serientäter gnadenlos Ermittler hinrichtet, die ihre Mordfälle nicht gelöst haben. Dabei sterben die Polizisten an denselben Tatorten die gleichen Tode wie die Opfer vorher«, erzählt Borg­mann. Kommissar Harry Hole kommt ins Spiel. Er schließt sich einer verdeckt arbeitenden Kriminalisten-Gruppe an, um den oder die Polizeischlächter zu finden. Das Motiv ist unklar. Ist es eine Abrechnung, treibt da ein Rächer sein Unwesen? »Der Kriminalroman hat zwar oft lange Dialoge, aber denen kann man sehr gut folgen. Und ich mag die skandinavischen Krimis, die sind unglaublich spannend, sind toll erzählt und sehr realistisch«, urteilt Lisa-Ann Borgmann.

Die 620 Seiten vergehen wie im Flug. »Die Story fesselt einen, man muss dran bleiben, und genau das macht für mich ein gutes Buch aus. Wenn ich mich langweile, lese ich Bücher nämlich auch mal nicht zu Ende.« Was einem bei Nesbø nicht passieren kann. Er schildert in Koma Oslos Polizei als einen Nährboden für Korruption, Rücksichtslosigkeit und kleinbürgerliche Homophobie. Sie ist aber auch der Ort, wo Ermittler mit Menschlichkeit und großer Kreativ­ität für Aufklärung im Sinne der Gerechtigkeit sorgen wollen. Zwischen diesen gegensätzlichen Polen oszilliert die Geschichte. »Man fiebert ständig mit, wie das Rätsel des Mörders gelöst wird.« Dabei wird der Leser, wie fast immer bei Jo Nesbø auf jede Menge falsche Fährten gelockt. (Sigrun Stroncik)

Jo Nesbø, Koma
Erschienen im Ullstein Verlag. Taschenbuch, 624 Seiten für 10,99 Euro in der Buchhandlung Till Eulenspiegel in Hoffnungsthal.