Violinistin Alice Butisca

Künstlerin

Violinistin Alice Butisca

Ein Jahr später hält sie in der Musikschule die erste Violine in der Hand und ist »beseelt von dem Gedanken, eines Tages im Orchester die Erste Geige zu spielen«. Für die Erfüllung ihres Traumes nimmt die seit 2014 in Hoffnungsthal leben­de Künstlerin nicht nur drei bis vier Übungsstunden pro Tag in Kauf, sondern geht mit 13 Jahren in das Internat an die Musik- und Kunsthochschule in Iasi, um bei der renommierten Geigenlehrerin Natalia Epure an ihrem Spiel zu feilen. »Diese Zeit hat mich extrem vorangebracht«, betont Butisca. Streng und fürsorglich habe Epure ihr zur bestmöglichen musikalischen Entwicklung verholfen und ihren individuellen Stil zur Entfaltung gebracht. »Wenn ich Geige spiele, ist es, als würde ich ein Gedicht interpre­tieren«, formuliert sie ihre Hingabe. Hineinfallen lassen in das Stück und doch hoch konzentriert in Gedanken immer einen Schritt voraus sein, das sei die Kunst und Herausforderung zugleich.

Nach dem Abitur studiert Butisca an der Musikakademie in Cluj-Napoca, absolviert vier Meisterkurse und gewinnt zahlreiche Wettbewerbe. Schon während des Studiums erfüllt sich ihr Kindheitstraum, sie wird am Oradea Staatsphilharmonie Orchester engagiert. »Ein unbeschreib­liches Glücksgefühl« erinnert sich die zierliche Virtuosin, »und eine ganz neue Erfahrung als Teil eines Teams«. Von nun an schlägt ihr Herz für beide Spielideen: »Als Solistin habe ich mehr Freiraum, im Orchester spüre ich die überwältigende Kraft der vielen Stimmen.« Butisca reist durch Europa, ihr Repertoire ist groß, sie spielt »Erste Violine für Oper und Symphonie«, darunter Mozart, Beethoven, Mendelssohn, Tschaikowsky, Prokofjew, Ravel und – wenn sie besondere Sehnsucht nach der Heimat hat – George Enescu oder ein Lieblingsstück des armenischen Komponisten Khatchaturian.

Dass die etablierte Geigerin in Deutschland noch einmal von vorn anfängt, hat persönliche Gründe. »Mein Mann Ovidiu und ich haben uns politisch in Rumänien nicht mehr zu Hause gefühlt. Als dann unsere Tochter unterwegs war, hat sich mein Mann um eine Stelle als IT-Spezialist bemüht und in Rösrath eine Zusage erhalten.« Mit der ihr eigenen Disziplin lernt Butisca Deutsch und übt täglich mehrere Stunden Geige. Ihr Talent bleibt Doris Röskenbleck, Kantorin der evangelischen Gemeinde Volberg-Forsbach-Rösrath, nicht verborgen. »Sie hat im letzten Sommer einfach bei mir an der Tür geklingelt, als sie mich durch das offene Fenster spielen hörte«, erinnert sich Butisca lachend. Inzwischen haben die beiden mehrere Konzerte gemeinsam gestaltet, auch in Zukunft soll die Zusammenarbeit fortgesetzt werden.

»Das Glück, Geige spielen zu dürfen, empfinde ich so intensiv wie am ersten Tag«, betont die Vollblutmusikerin, auch wenn eine feste Stelle in einem deutschen Orchester noch auf sich warten lasse. »Alles, was du als Mensch erlebst, fließt auch in deine Musik ein«, überlegt sie laut. Vielleicht ist es die Mischung aus der Sehnsucht nach ihrer Heimat mit dem Glück über ein Leben in Freiheit und Frieden, das dem Spiel der 40-Jährigen eine einzigartige Mischung aus Tiefe und Leichtigkeit gibt . (Petra Stoll-Hennen)