Interview mit Dr. Peter Thienel

Rettungsdienst

Interview mit Dr. Peter Thienel

Bevor die Patienten aber überhaupt stationär behandelt werden können, sind die Einsatzkräfte am Unfallort gefragt.

Welche Herausforderungen schwere Verletzungen für den Rettungsdienst darstellen, erläutert der Ärztliche Leiter Rettungsdienst Dr. Peter Thienel, der als Leitender Notarzt des Rheinisch-Bergischen Kreises bei großen Schadenslagen die medizinischen Einsatzkräfte am Unfallort koordiniert.

Herr Dr. Thienel, das Vinzenz Pallotti Hospital hat jetzt die Zertifizierung als Traumazentrum erhalten. Was bedeutet das für den Rettungsdienst?
Eine weitere Verbesserung der Patientenversorgung und damit einen weiteren Schritt in die richtige Richtung! Ich erinnere mich gut an Einsätze in früheren Jahren, als Rettungswagen mit einem schwer verletzten Patienten an Bord von mehreren Spezialkliniken mangels freier Behandlungskapazitäten abgewiesen wurden. Die Prognose der Unfallopfer entscheidet sich jedoch in der ersten Stunde nach dem Ereignis. Mit dem neuen Traumazentrum können lange Wege nun vermieden werden.

Ich bin sicher, dass sich das neue Traumazentrum schnell in das Behandlungskonzept für schwere Verletzungen in der Region integrieren wird. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass auch die anderen Krankenhäuser im Rheinisch-Bergischen Kreis fachlich in der Lage sind, verletzte Patienten zu versorgen. Das VPH übernimmt mit der Zertifizierung als Traumazentrum eine Vorreiterrolle.

Wie häufig haben es die Rettungskräfte vor Ort überhaupt mit Traumata zu tun?
Der Großteil aller Rettungsdiensteinsätze erfolgt aufgrund internistischer Notfälle, zum Beispiel Herz- und Kreislauferkrankungen. Schwere traumatische Verletzungen kommen zum Glück nicht mehr sehr häufig vor. Dies liegt vor allem an den hohen Sicherheitsstandards der heutigen PKW, der Anschnallpflicht und den Unfallverhütungsvorschriften in der Arbeitswelt. Dennoch gibt es natürlich nach wie vor zu viele schwere Traumata, wobei meistens »menschliches Versagen« eine Rolle spielt.

Welche besonderen Schwierigkeiten können am Unfallort auftreten?
Jeder Einsatz ist anders und abhängig von der Tageszeit, vom Wetter oder von den räumlichen Gegebenheiten an der Einsatzstelle. Auch ist die Situation vor Ort nicht statisch, sie kann sich zu jeder Zeit dramatisch verändern. Der Rettungsdienst ist personell und technisch so ausgestattet, dass er die meisten Notfallsituationen alleine bewältigen kann. Bei Bedarf kommt die Feuerwehr zur Hilfe, um eine technische Rettung durchzuführen. Wichtig ist, dass bei einem Notfall immer so schnell wie möglich die Notrufnummer 112 gewählt wird!

Welche Fortschritte gibt es bei der Versorgung schwer verletzter Patienten vor Ort?
Der Rettungsdienst in Deutschland hat sich in den letzten Jahren in vieler Hinsicht immer weiter verbessert. Das betrifft die Qualifikation des Personals, die präklinischen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten, die Rettungsfahrzeuge und die Medizintechnik an Bord. »Rollende Intensivstationen« ermöglichen vor Ort eine umfangreiche Versorgung des Patienten, der möglichst erst nach Herstellung seiner Transportfähigkeit ins Krankenhaus transportiert wird. Ein überstürzter Transport des unversorgten Patienten in die Klinik, wie es ihn in den Anfangsjahren des Rettungsdienstes gab, ist schon lange passé.