Menschen in Rösrath
Babrak Wassa
Wo ist für Sie Heimat? Diese Frage kann niemand unterdrücken, der sich mit Babrak Wassa unterhält. Die erste Heimat, Afghanistan, hat er im April 1980 verlassen, nachdem die Kommunisten an die Macht kamen und die zarten Demokratie-Ansätze zerstörten, vier Monate nachdem die Sowjets einmarschierten. Zurücklassen musste er seine russische Ehefrau Marina und die kleine Tochter. »Es war die schwerste Entscheidung meines Lebens, mein Land zu verlassen. Am Vorabend habe ich auf dem Boden gelegen und geweint«, erzählt er.
Die erinnerte Heimat ist vor allem das Kabul seiner wohlbehüteten Kindheit in einer gut situierten Arzt-Familie, das Kabul, indem er schon als Junge bekannt war wegen seiner Sangeskunst, wegen seiner Auftritte im Radio oder im Theater, das kulturell bunte Kabul, in das er Ende 1978 nach seiner Ausbildung am berühmten Tschaikowski-Konservatorium in Moskau zurückkam, um mit gerade mal 31 Jahren Generalmusikdirektor zu werden. Diese alte Heimat existiert nur noch in seinem Kopf, in seinen Erzählungen und in ein paar Fotos an der Wand des Musikzimmers in seinem Haus in Forsbach.
Afghanistan hat er bis jetzt nicht wieder betreten, aber er hat die neue Nationalhymne des Landes komponiert und er engagiert sich in seinem Verein Whak »Wir helfen afghanischen Kindern«, um Waisen- und Kinderheime sowie Schulen finanziell bei Erziehung und Berufsausbildung zu unterstützen.
Seine zweite Heimat ist Deutschland, Forsbach, hier wo Babrak Wassa sich völlig neu erfinden musste, völlig von vorne anfangen. »Das ist geliebte Heimat«, sagt er. »Ich liebe die Ehrlichkeit der Deutschen, die Disziplin, die Ordnung, die Sauberkeit und auch die Hilfsbereitschaft.« Seine zweite Ehefrau Zainab, ebenfalls aus Kabul, lernte er in Bonn kennen, seine mittlerweile erwachsenen Kinder Arian und Sophia sind hier geboren, studieren hier und alle vier Wassas sind seit 1996 deutsche Staatsbürger.
Und dann ist da noch diese dritte Heimat, die, aus der er nie vertrieben werden kann – die Musik: Beethoven, Bach, Haydn, Mozart. Eine Beethoven-Büste aus Bronze steht im Musikzimmer. »Musik ist das Beste was man hat, sie gibt der Menschheit Freude, egal ob arm oder reich, dumm oder klug, alle brauchen Musik auch die Unmusikalischsten. Musik tröstet und selbst die Religion kommt nicht ohne sie aus.«
Sieben Chöre leitet er, dirigiert mit festem Anspruch die Laiensänger und -sängerinnen. Die Wassa-Chöre, das ist mittlerweile schon ein Markenzeichen. Die Musik umgibt ihn jeden Tag und manchmal merkt er gar nicht, dass er einfach so mit seinen Händen dirigiert, weil in seinem Kopf schon wieder ein Arrangement Gestalt annimmt. Und doch gibt es da manchmal eine Art Heimweh, das vielleicht auch die Musik nicht übertönen kann: »nach dem Kabul meiner Kindheit, nach der sauberen Luft, dem Sternenhimmel, der ewigen Sonne und den freundlichsten Menschen aller Religionen.« (Sigrun Stroncik)
3 Fragen an Babrak Wassa
Was mögen Sie besonders an der Stadt Rösrath?
Wassa: Die Stadt Rösrath ist von allen Seiten von Wäldern umgeben. In Forsbach ist die Luft sauber und das Trinkwasser kalkfrei. Man braucht keinen Wasserfilter für die Kaffee- und Waschmaschine. Unsere Nachbarn sind nette, freundliche Menschen. In Rösrath kann man gut einkaufen. Es gibt ja hier fast alles, was man zum täglichen Leben braucht. Das alles freut mich sehr. Es freut mich auch, dass wir mit den zahlreichen Chören und dem Blasorchester Sülztal eine singende, klingende Stadt haben.
Was würden Sie gerne in Rösrath ändern?
Ich bin sicher, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger darüber freuen würden, wenn die Ruine des großen alten Gebäudes neben Lidl nicht weit vom Schloss Eulenbroich abgerissen würde.
Verraten Sie uns Ihren Lieblingsplatz in Rösrath?
Mein Lieblingsplatz ist der Wald direkt neben unserem Haus. Auch unsere drei Kätzchen lieben diesen Wald. Er ist einfach wunderbar und ich glaube es ist einmalig, dass alle drei mit uns zusammen im Wald spazieren gehen und wieder mit uns zurückkommen, ohne an einer Leine zu sein.
Wer den Verein Wir helfen afghanischen Kindern e. V. unterstützen möchte, kann spenden:
Konto 0375551705 bei der
Kreissparkasse Köln, BLZ 37050299.
Weitere Infos unter www.whak-ev.de