60 Jahre Volberger Berg

Wie eine große Familie

60 Jahre Volberger Berg

»Vielleicht ist es diese gemeinsame Geschichte, die uns bis heute so zusammenschweißt«, sinniert Horst Biesner. Er wohnt in einem der rund 130 Häuser und ist Vorsitzender der Wohngemeinschaft Volberger Berg, die sich 1958 als Siedlergemeinschaft gründete, um gemeinsame Interessen zu bündeln. So kämpfte man dafür, dass der Julweg schnell befestigt wurde, und kaufte gemeinschaftlich Maschi­nen und Geräte ein, um die Familie mit Landwirtschaft im Nebenerwerb zu versorgen. »Auch meine Eltern hatten Hühner, Schafe und Schweine«, erinnert sich Biesner, »und im Sommer sammelten wir körbeweise Erdbeeren, die wir zur Bäckerei Vierkötter brachten.« Im Rückblick empfindet er seine Kindheit als unbeschwerte Zeit, »jeder half jedem«.

Das ist bis heute so geblieben: Zwar gibt es den Tante-Emma-Laden von Marianne Nevermann nicht mehr, auch die Gaststätte von Dieter Seibt, beliebter Treffpunkt und Heiratsbörse, wurde geschlossen, »aber Bioeier und Honig gibt’s noch immer von den Nachbarn«, freuen sich die Biesners.

Nach dem Ausbau der Siedlung in den 70er- und 80er-Jahren hat sich die Wohngemeinschaft mit Erfolg für den Erhalt des Siedlungscharakters stark gemacht, »denn die Infrastruktur verträgt keinen unendlichen Zuwachs«. Inzwischen ist das Bergvolk Multikulti, mit Familien aus dem Iran, aus Dänemark, aus den schottischen Highlands oder den Niederlanden. »Für mich ist Heimat da, wo man sich sicher und wohlfühlt«, sagt Nasrin Niroumand in einem Filmporträt, das Daniel Toelke und Dagmar Jauch, ihrerseits frisch gebackene Vol­ber­ger, anlässlich des Jubiläums drehten. In dem Streifen bezeichnet John Gordon den Volberger Berg als seine zweite Heimat, Kim Flenskov lobt die Offenheit gegenüber Neuankömmlingen und spricht von egalitären Strukturen. »Spätestens, wenn die Kinder zusammen spielen, lernen sich auch die Eltern kennen«, schildert Biesner den Prozess des Zusammenwachsens ganz pragmatisch. Beim gemeinsamen Frühjahrsputz, der Spielplatzpflege oder dem Seniorenkaffee im Advent wird der Zusammenhalt zusätzlich gestärkt.

Einen ganz besonderen Brauch pflegen die Berg-WGler am Heiligen Abend: Pünktlich um 15 Uhr treffen sie sich in Scharen bei Seibt und lauschen in der alten Gaststätte den Bläsern von Swinging Brass. »Erst dann ist für uns Weihnachten«, da sind sich alle einig.

In diesem Sommer gab es ein rauschendes Jubiläumsfest, bei dem unzählige fleißige Hände mithalfen. Viel Arbeit steckte der Verein auch in die Bewerbung beim kreisweiten Wettbewerb Unser Dorf hat Zukunft. Mit Erfolg: Dieter Porten, Bärbel und Bruno Reiß sowie Karlheinz Batzer freuten sich als Delegation über den mit 500 Euro dotierten dritten Platz plus 250 Euro als Sonderpreis des BAV für die Bemühungen der Dorfgemeinschaft um eine autarke Energieversorgung.

»Wir sind füreinander da, feiern und trauern gemeinsam«, resümiert Biesner, »wie in einer großen Familie eben.« (Petra Stoll-Hennen)