Lehmbach Nord – Auenland oder Gewerbegebiet?

Eine Betrachtung von Hannelore zu Stolberg

Lehmbach Nord – Auenland oder Gewerbegebiet?

Anlass war der ausgesprochen waghalsige Bebauungsplanentwurf 89 für ein Industrie-/Gewerbegebiet auf einer vier Hektar großen Auenwiese der Sülz, wenige Meter vom Lehmbacher Hof entfernt. Inmitten einer Postkarten-Idylle will man den Boden zwei Meter hoch ankippen und bebauen. Dort sollen demnächst bis zu 20 Meter hohe Fabrikhallen (die höchsten in ganz Rösrath) das Bild des Ortseingangs bestimmen.

Ursprünglich galt als Grund die notwendige Ausweitung des Hoffnungsthaler Pajawerks, wofür Anwohner trotz ihrer bisher schon großen Belastung durch Lärm und Gestank Verständnis hatten. Das endete aber, als Paja insolvent wurde und die Stadtspitze trotzdem auf einmal auf Bebauung der ganzen Fläche bestand. Sie behauptet, von einem »weißen Ritter« zu wissen, der Paja rettet – wenn er die Wiese bebauen darf. Dazu sollen trotz der üblen Gerüche vom angrenzenden Klärwerk weitere Betriebe angesiedelt werden. Welche, ist nicht zu erfahren, ungeachtet der Einsprüche von 82 Bürgern und über 1200 Protestunterschriften. CDU, SPD, Grüne und FDF halten dem Bürgerprotest eine Mauer des Schweigens entgegen.

Das Dauer-Argument »Gewerbesteuer« zieht schon deshalb kaum, weil diese Steuerart demnächst entfallen könnte. Auch die Schaffung einer nicht genannten Zahl von Arbeitsplätzen lassen viele Bürger als ausreichendes Argument für den Plan nicht gelten. Zu schwer wiegen die Gegenargumente. Selbst die umstrittenen Gutachten der Stadt nennen schwerwiegende Eingriffe. Bedenken bestehen hinsichtlich der Luftzirkulation in dem engen Tal und wegen des Verkehrsaufkommens (auch zur A 3 und damit durch die ganze Stadt). Vor allem rechnet man mit Hochwasserrisiken für den Großteil der Stadt. In den letzten Wochen konnte man ja zweimal erleben, wie Rösrath baden ging, weil aus der harmlosen Sülz ein reißender Fluss wurde, mit Überflutung großer Gebiete und Straßen. Alte Bausünden haben das Flussbett eingeengt. Nun können sich Wasserstand und Fließgeschwindigkeit schlagartig erhöhen, Schäden verursachen.

Bei der Bezirksregierung arbeitet man am Gegenteil der Rösrather Planung, dem von der EU verlangten Hochwasser-Risikomanagement. EU-Recht verbietet die Verringerung der Wasserrückhalteflächen, die wie ein Schwamm wirken und die Flüsse entlasten. Es wird kaum bezweifelt, dass der globale Klimawandel häufige, große Hochwasserereignisse bedingt.

Rösrath bewirbt seine Vorzüge als Wohnort. Im klammen Stadthaushalt sind die Einnahmen aus Einkommensteuerzuweisungen mehr als doppelt so hoch wie die aus Gewerbesteuer. Als Argument für ein mit schweren Nachteilen behaftetes neues Gewerbegebiet eignet sich das wirklich nicht. Hannelore zu Stolberg