Impfen Überflüssig?
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Interview mit Dr. Elke Bästlein

Impfen Überflüssig?

Hepatitis B wird unter Jugendlichen vor allem sexuell übertragen und ist 100 mal ansteckender als Aids. Elke Bästlein antwortet RÖSRATH erleben auf wichtige Fragen zum Thema Impfen und gibt einen Überblick über Fakten und Empfehlungen.

Sind Impfungen heutzutage überflüssig?
Nein – denn trotz aller Fortschritte in der Medizin gibt es bei vielen Infektionen keine wirklich gute Behandlung. Bei Keuchhusten, Diphtherie, Kinderlähmung und Hepatitis B ist das Beste, was wir zu bieten haben, immer noch die Impfung.

In Deutschland gibt es vor allem bei Masern, Mumps, Röteln und Hepatitis B Impflücken. Während Nord-, Mittel- und Südamerika, Skandinavien und sogar 16 »arme Staaten« im Süden Afrikas dank intensiver Impfprogramme frei von Masern sind, steigen in Deutschland seit 2005 die Erkrankungen wieder. Als Folge kann es zu Lungen- und Hirnhautentzündung kommen und, besonders gefährlich, zu SSPE (subakute sklerosierende Panencephalitis), die im Mittel erst sieben Jahre später auftritt, zu einer Zerstörung des Gehirns führt und immer tödlich endet. Betroffen sind vor allem Kinder, die in den ersten zwei Lebensjahren an Masern erkrankt sind.

Was passiert bei einer Impfung?
Das menschliche Immunsystem kann Krankheitserreger erkennen. Dabei verfügt es über eine »erste« unspezifische Abwehr, die den ersten Angriff überbrückt, und bildet dann ganz gezielt Abwehrstoffe gegen den jeweiligen Erreger aus, die sogenannten Antikörper. Krank-heitserreger werden bei jedem Kontakt über Gedächtniszellen wieder erkannt und diese Antikörper können dann sehr schnell gebildet und ans Blut abgegeben werden.
Bei einer Impfung werden dem Körper abgeschwächte Krankheitserreger oder auch einzelne Bestandteile zugeführt, die zu einer Bildung von Antikörpern und von Gedächtniszellen führen. Bei einer echten Erkrankung kann der Körper sich dann sofort gezielt wehren.

Wer empfiehlt Impfungen?
In Deutschland gibt es die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut, ein Gremium aus medizinischen Fachleuten, die vom Bundesgesundheitsministerium berufen sind.

Diese Empfehlungen werden immer wieder aktualisiert. Die Impfstoffe selbst unterliegen alle fünf Jahre einem »TÜV« durch eine weitere staatliche Stelle, dem Paul-Ehrlich-Institut. Dort werden sie auf Sicherheit, Wirksamkeit und Qualität geprüft. Im Falle von nachgewiesenen Impfschäden haftet der Staat.

Was sind Impfreaktionen und was Impfschäden?
Impfreaktionen sind häufig auftretende Ereignisse wie Rötung, Schwellung und Schmerz an der Impfstelle oder Fieber, die meist nach spätestens 72 Stunden wieder abgeklungen sind.

Impfkomplikationen sind schwerwiegendere oder länger dauernde Ereignisse wie allergische Schockreaktionen oder Nervenentzündungen. In Deutschland erfolgen jährlich 30 Millionen Impfungen. Erfahrungsgemäß handelt es sich bei den gemeldeten Impfreaktionen in 99 Prozent der Fälle um Krankheiten, die nur zufällig zeitgleich zur Impfung aufgetreten sind. Die im Beipackzettel aufgeführten Nebenwirkungen unterscheiden nicht zwischen Ursache und Zufall.

Nicht bewiesen wurde, dass Impfungen zu Zuckerkrankheit, der Nervenkrankheit Multiple Sklerose, Autismus, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen oder plötzlichem Kindstod führen. Auch Allergien treten nicht vermehrt auf – in der ehemaligen DDR wurde sehr viel geimpft bei deutlich weniger Allergien als in den alten Bundesländern.

Wird zu früh geimpft?
Nach den Empfehlungen werden Säuglinge in der Regel zwei bis drei Monate nach der Geburt geimpft. Denn gerade in den ersten Lebensmonaten sind Kinder durch Infektionen besonders gefährdet.
Es dauert dann noch mehrere Monate, bis ein tragfähiger Impfschutz aufgebaut ist.

Wie sicher ist der mütterliche Schutz?
Über die Plazenta werden dem ungeborenen Kind Antikörper übertragen. Das gilt für Erkrankungen, die die Mutter selbst durchgemacht hat und gegen die sie geimpft ist. Gegen manche Erkrankungen funktioniert dieser Schutz nicht, dazu gehört Keuchhusten.

Sind Mehrfach-Impfstoffe zu belastend?
Das Immunsystem eines Kindes muss sich nach der Geburt mit Milliarden Keimen auseinander setzen. Es funktioniert sehr gut. Impfungen unterstützen nur den Schutz gegen einige sehr gefährliche Krankheiten.

Die Erfahrung zeigt außerdem, dass Einzelimpfungen eher verspätet gegeben oder auch vergessen werden im Gegensatz zu Kombinationsimpfungen. Oft müssen dann unterm Strich mehr Impfungen gegeben als es eigentlich erforderlich gewesen wäre.

Wann darf nicht geimpft werden?
Nicht geimpft werden sollte bei akuten Infektionen mit hohem Fieber oder Hauterkrankungen wie Neurodermitis, die an den Impfstellen hochaktiv sind.
Bei bekannten Allergien gegen Inhaltstoffe der Impfung und in der Schwangerschaft muss Nutzen und Risikoabwägung im Einzelfall erfolgen.
Lebendimpfungen wie zum Beispiel Masern, Mumps, Röteln dürfen nicht gegeben werden bei Erkrankungen des Immunsystems oder bestimmten Behandlungen, die zu seiner Schwächung führen, zum Beispiel Kortison.

Sind Impfungen nur für Kinder wichtig?
Nein. Auch für chronisch Kranke und Menschen ab dem 60. Lebensjahr werden verstärkt Impfungen empfohlen.

Vor allem Großeltern, die über Kindergarten und Grundschule wieder vielen Krankheitserregern ausgesetzt sind, sind oft genauso gefährdet wie die Kinder und werden häufig vergessen.

Jede Impfung zählt! Wenn eine Grundimmunisierung unterbrochen wurde, weil der Termin vergessen wurde, muss die Impfung nicht neu begonnen werden sondern nur vervollständigt. Auch eine Jahre später durchgeführte Auffrischimpfung ist wirksam.

SERVICE:
Laden Sie sich hier den » Impfkalender nach STIKO als PDF herunter.

Weitere Informationen:
» www.gesundes-kind.de
» www.dgk.de
» www.pei.de