Familie Roth und Marianne Prescher

Wir sind Rösrath

Familie Roth und Marianne Prescher

Die Familie Roth, das sind Annabelle (34) und Jörn (37) mit Tochter Charlotte (4) und Sohn Leo (1 ½), wohnt in einem großzügig geschnittenen Einfamilienhaus mit schönem Garten in Lüghausen. Beide sind Lehrer. Sie unterrichtet Deutsch und Chemie in Overath an einer Sekundarschule, er Sport, Chemie und Biologie in Köln-Mülheim an einem Gymnasium. »Im Grunde hat uns der Beruf nach Rösrath gebracht. Wir haben uns in Münster während des Studiums kennengelernt und sind der Arbeit hinterhergezogen. In Forsbach haben wir dann unsere erste gemeinsame Wohnung gehabt«, sagt Jörn, der auch mal kurzzeitig in Köln wohnte. Da brauchte er zwar kein Auto, fand das Großstadtleben aber eher laut, stressig und stickig. 2012, noch bevor das erste Kind da war, haben sie in Rösrath dann ihr Traumhaus gefunden. »Wir wollten immer einen eigenen Garten, wo man die Kinder einfach mal rausschicken kann. Es wohnt sich so wesentlich entspannter, wir sind eben auch so aufgewachsen«, erklärt Annabelle. »In Köln wäre so etwas unbezahlbar gewesen.« So aber haben sie in ihrem Leben einen Mittelweg gesucht und gefunden, sie wohnen eben weder in einer Metropole noch auf dem so viel zitierten platten Land. Die Wege hier sind kurz, urteilen Roths. Und es gebe alles, was eine Familie so braucht. Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf sowie Ärzte, Handwerker, Kindergärten, Schulen und sogar Eisdielen sind schnell erreichbar. Dazu ist hier in Hoffnungsthal die »günstigste Tankstelle in ganz NRW«, behauptet der Familienvater.

Auch mit einem Kindergartenplatz für die kleine Charlotte gab es keine Probleme. Für das Lehrer-Ehepaar passten die angebotenen Betreuungszeiten und die Betreuungskonzepte. »Wir haben aber auch keine überzogenen Vorstellungen in Sachen Frühförderung«, sagt Anna-belle Roth. Wenn Charlotte ins Schulalter kommt, wird sie zur GGS in Hoffnungsthal gehen und das sicher auch mal alleine zu Fuß.

Es scheint das Beste aus zwei Welten zu sein. »Wir genießen den dörflichen Charakter, aber gleichzeitig ist es hier überhaupt nicht provinziell«, so Jörn, der gerne durch den Wald joggt, Fahrrad fährt oder auch die Natur erkundet. Seine Frau Annabelle hat ein Pferd, mit dem sie regelmäßig ausreiten kann. Dazu das Freibad, die Sportvereine. »Rösrath hat einen hohen Freizeitwert, wir wollen hier nicht wieder weg«, so die Roths unisono. Nur einmal haben sie an allem gezweifelt. »Da wurde eine Landebahn des Flughafens saniert und wir litten unter dem plötzlichen Fluglärm. Dauerhafter Fluglärm wäre für uns der einzige Grund, unsere Zelte hier abzubrechen«, so die Familie.

»Wir brauchen, so wie wir unser Leben organisieren, schon zwei Autos.« – Jörn Roth

Gibt es etwas, was sie in Rösrath vermissen, was sie einschränkt in ihrem Leben? »Klar. Wir brauchen, so wie wir unser Leben organisieren, hier schon zwei Autos. Wir fahren aber selten nach Köln zum Einkaufen, höchstens mal, um eine Kletterhalle zu besuchen«, sagt Jörn.

Was die Roths vor Ort nicht bekommen, bestellen sie häufig im Internet. Und ja, früher gab es in Lüghausen auch mal Gaststätten, sogar mit Biergarten, die fußläufig zu erreichen waren. Dafür aber entschädigt die Lage und der gute Kontakt zu den Nachbarn nach dem Motto: Man kennt sich, man hilft sich! Und auch das haben die Roths mit Freude bemerkt: Hier in ihrer Straße sieht man mittlerweile viele Mütter und Väter mit ihren Kindern. »Es vollzieht sich ein Generationenwechsel, immer mehr junge Familien ziehen her, und die Häuser gehen an jüngere Besitzer über.« Der Ort lebt.

»Rösrath hat einen hohen Freizeitwert, wir wollen hier nicht wieder weg.« – Annabelle Roth

Mit ihren fast 88 Jahren gehört Marianne Prescher zu jenen vier Prozent in Rösrath, die über 80 Jahre alt sind. Die gebürtige Kölnerin lebt seit 58 Jahren in der Sülzstadt, seit 27 Jahren ist sie verwitwet. 1959 hat sie mit ihrem Mann im Akazienweg in Stümpen ein Haus gebaut und eine Familie gegründet. Dort wuchsen ihre fünf Kinder auf. »Damals gab es nur wenig bebaute Grundstücke, wir lebten quasi am Wald. Und zu den wenigen Nachbarn hatten wir einen sehr engen Kontakt, feierten zusammen, waren wie eine große Familie«, erinnert sich Marianne Prescher an frühere Zeiten. Sie machte alles zu Fuß, schließlich gab es eine Vielzahl von kleinen Geschäften in der Nähe. Und einen Führerschein besaß sie damals auch nicht. Den machte sie erst mit 40 Jahren, als die Kinder schon längst erwachsen und ausgezogen waren. Als Marianne Prescher vor 16 Jahren einen Unfall hatte und schwer gehbehindert wurde, konnte sie in ihrem Haus nicht mehr bleiben. »Es fiel mir sehr schwer, meine gewohnte Umgebung zu verlassen. Aber wegen der vielen Treppen ging es eben nicht mehr.«

»Leider gibt es nicht mehr so viele schöne Geschäfte oder ein nettes Café.« – Marianne Prescher

Sie richtete ihr Leben neu in einer gerade erst frisch gebauten Wohnung in einem Mietshaus in Pannhof ein. Früher war hier nur Land, der Pannhof ein großer Bauernhof mit weiten Wiesen und vielen Pferden. Da haben sie immer Gasflaschen fürs Grillen geholt. Jetzt ist hier alles zugebaut, und sie mittendrin. Auf ihrem Balkon aber schaut man ins Grüne, das war ihr wichtig. Hätte sie damals beim Einzug allerdings gewusst, dass sie mal gar nicht mehr laufen kann, wäre sie wohl ins Parterre und nicht in den ersten Stock gezogen. »Der Aufzug streikt leider häufig«, seufzt Marianne Prescher. Dann hat die Rollstuhlfahrerin ein echtes Problem und Mitbewohner müssen ihr hinaufhelfen helfen.

Einmal in der Woche wird sie von einem Bus abgeholt, der sie zum Altenclub der evangelischen Kirche fährt. Dort spielen sie Karten, reden, genießen Kaffee und Kuchen. »Am liebsten mache ich hier aber Gedächtnistraining.« Und das manchmal so intensiv, dass sie nachts im Bett noch dran denkt – »janz verdötscht«.

Von ihren berufstätigen Kindern, die teilweise auch weiter weg wohnen, will sie nicht abhängig sein. Sie weiß sich zu helfen mit ihren fast 88 Jahren und ihrem wachen Kopf. Wenn sie Probleme mit der Antragsbürokratie in Sachen Pflege und Rente hat oder Beratung braucht, dann wendet sie sich einfach an die Pflege- und Seniorenberatung der Stadt Rösrath. »Frau Weitkemper macht dat dann schon«, sagt sie. Jeden Tag kommt zudem jemand von der Diakonie, um ihre Beine zu wickeln und Lymphdrainage zu machen. Sie hat einen Notfall-Knopf für das Rote Kreuz, die in der Nähe lebende Tochter putzt und erledigt mit ihr gemeinsam auch Einkäufe, einmal in der Woche geht eine Ehrenamtliche mit ihr spazieren und immer mittwochs kommt eine Nachbarin zum Kaffee-trinken vorbei. »Ich komme gut zurecht. Einsam und verlassen bin ich mit Sicherheit nicht. Ich lebe gerne hier, da jib et nix.« Und doch, sie bedauert, dass es nicht mehr so viele schöne Geschäfte gibt wie früher und auch kein richtiges Café. »Für uns Ältere ist das nicht gut.« Letztens hat ihre Tochter sie zu einem Nachbarschaftsfest in den Akazienweg mitgenommen, in ihr altes Viertel. »Da habe ich mich nicht mehr wohlgefühlt. Waren alles junge Leute, die ich gar nicht mehr kannte.« Die Nachbarn, zu denen sie damals so ein enges Verhältnis hatte, sind entweder tot, im Altenheim oder ein­fach weggezogen. (Sigrun Stroncik)

Rösrath in Zahlen.

Der Anteil der unter 18-Jährigen liegt bei 17,9 Prozent und damit über dem NRW-Schnitt. 13,4 Prozent beträgt der Anteil der Elternjahrgänge, 15,6 Prozent der Rösrather sind zwischen 65 und 79 Jahre alt, vier Prozent über 80.

Die Kaufkraft ist hoch, der Anteil der Hochqualifizierten überdurchschnittlich. Es gibt mehr Aus- als Einpendler. 62 Prozent der Rösrather haben Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern.