Interview
Bürgermeister Mombauer ein Jahr im Amt
Was beschäftigt Sie derzeit am meisten, Herr Mombauer?
Mein Hauptproblem sind die Finanzen. Die Leute sagen jetzt öfter mal zu mir auf der Straße: »Früher beim Dieter Happ, da war noch was drin. Kaum ist der Neue da, gibt`s nichts mehr.« Aber damit muss ich, und überrascht bin ich darüber nicht, derzeit leben. Hintergrund ist, dass es bedingt durch die Umstellung des Haushalts im Rahmen des Neuen Kommunalen Finanzmanagements (NKF) zu Beginn meiner Amtsperiode noch einmalige Finanzierungsmöglichkeiten gab. Aber selbst die bis zuletzt verbliebene Möglichkeit der »Ausgleichsrücklage« war zum Jahreswechsel verausgabt.
Die Kassenlage der Stadt sieht ja auch einigermaßen düster aus.
Wir stecken im Moment in einem Defizit von 9,2 Millionen Euro. Wir haben von externen Gutachtern Einsparpotenziale untersuchen lassen, die liegen höchst theoretisch bei rund 4 Millionen Euro jährlich. Ergo bleibt ein Defizit von mindestens fünf Millionen Euro, das sich Jahr für Jahr auftürmt und das auf keinen Fall hausgemacht ist.
Für unsere Pflichtaufgaben, die uns von Land und Bund übertragen worden sind, wie beispielsweise für Schulen, Kindergärten oder Krippenplätze für unter Dreijährige, bekommen wir zwar Zuweisungen, die gehen aber nur von einem niedrigen Niveau bei den Standards aus. Mit den Geldern kommen wir bei unseren bisherigen Standards nicht hin. Wir haben Verluste bei der Einkommensteuer von 1,6 Millionen Euro und bei der Gewerbesteuer von 1,5 Millionen Euro. Ehemalige große Gewerbesteuerzahler können keine Vorauszahlungen mehr machen. So sieht es aus.
Wenn die Stadt Rösrath ein Unternehmen wäre, müsste sie also Insolvenz anmelden.
Das kann man so sagen. Ich habe erst vor Kurzem im Rahmen einer Stellungnahme den Landrat über unsere Auffassung informiert, der Inhalt: Die Stadt sieht sich nicht mehr in der Lage, die ihr von Land und Bund übertragenen Pflichtaufgaben mit den ihr zur Verfügung gestellten Mitteln zu gewährleisten, weder für das laufende noch für die künftigen Planungsjahre. Wir haben deshalb ausreichende Mittel eingefordert. Über freiwillige Leistungen brauchen wir uns schon gar nicht mehr zu unterhalten, obwohl es da wahrlich nicht um große Summen geht. Ich fordere eine Finanzreform, die die Grundsicherung der Kommunen sicherstellt.
Zu einer Finanzreform zugunsten der Kommunen wird es so schnell nicht kommen. Politisch gestalten aber muss man weiterhin.
Die Politik kann eigentlich nur den Mangel verwalten. Wir werden nur noch das umsetzen können, wofür uns das Land Mittel gibt. Beispiel Konjunkturpaket II.
Da hatten wir auf einmal 2,7 Millionen für Bildung und Infrastruktur. 267000 Euro pumpen wir derzeit in die Sanierung der Hauptstraße Rösrath Mitte. Im Bereich Bildung geht es um energetische Maßnahmen, das heißt, dass die Schulgebäude Wärmedämmung erhalten. Sicher sinnvolle Maßnahmen. Aber einen kleinen Teil dieser Investitionen hätte ich gerne für die Schulen in Sachen Computer oder den völlig veralteten Chemieraum des Gymnasiums investiert. Ich hätte die Mittel gerne auch an einer anderen Stelle gesehen. Aber da sind uns beim Konjunkturpaket die Hände gebunden. Es werden nur bestimmte Maßnahmen gefördert.
Hätten Sie gerne auch Geld für Laptops abgezweigt, eines Ihrer Wahlkampfversprechen war ja Laptops für alle Schüler?
Es hat ja Laptops gegeben. Wir haben einen Medienwagen für die Käthe-Kollwitz-Schule angeschafft. Auf diesem Wagen gibt es je acht bis zehn Laptops und einen Beamer. Die Geräte können leicht von Klasse zu Klasse gefahren werden. Einen weiteren Wagen erhält in Kürze die Realschule. Nur vom Projekt Laptops für alle Schüler musste ich Abschied nehmen, allerdings nicht allein wegen des Geldes, sondern auch wegen Fragen der Systemwartung und -sicherheit.
Könnte man für solche Projekte nicht Sponsoren finden, den Bürger mehr einbinden?
Heutzutage ist es nicht mehr so einfach, Sponsoren zu finden. Ob für den Kunstrasenplatz in Hoffnungsthal, für den Frühjahrsputz 2010, für Rund um Köln, für Schulmöbel, für den Martinszug, wir suchen ja ständig Sponsoren. Aber die Zeiten sind vorbei, wo die Leute bereitwillig Geld in die Hand nahmen, um es zu spenden. Denn man darf nicht vergessen, dass selbst frühere Großsponsoren heute unter wirtschaftlichen Problemen leiden.
Woran wird der Bürger es spüren, dass die Finanznot so groß ist?
Vielleicht muss er sich an geänderte Standards gewöhnen. Also wir werden nicht mehr so häufig wie bisher öffentliche Flächen und Gebäude reinigen können. Man wird hier auch zu mehr Eigenleistungen kommen müssen. Der Grünrückschnitt wird nicht mehr so geleistet werden können. Die Musikschule wird nicht mehr eigenständig geführt werden können, sie wird voraussichtlich in die Volkshochschule integriert werden. Wir müssen auch darüber nachdenken, ob es Sinn macht, vier Büchereien vorzuhalten mit dem Augustinushaus, den Stadtbüchereien in Rösrath-Mitte, der Zweigstelle in Forsbach sowie der Bücherei im Freiherr-vom-Stein Schulzentrum.
Wird auch an der Steuerschraube gedreht werden müssen?
Also, eine Erhöhung der Gewerbesteuer beispielsweise, würde ich lieber vermeiden. Die seinerzeitige Entscheidung zum Doppelhaushalt beinhaltet aber leider die moderate Anhebung des Hebesatzes.
Diese könnte schlimmstenfalls dazu führen, dass Betriebe abwandern, um sich dort anzusiedeln, wo es günstiger ist. Letztlich wird die Frage der Steigerung der Hebesätze aber auch die Nachbarkommunen ereilen.
Trägt die Verwaltung denn wenigstens auch zu Einsparungen bei?
In der Verwaltung werden mittelfristig zehn Stellen eingespart. Der Posten des Fachbereichsleiters Soziales ist nicht wieder besetzt worden. Seine Aufgaben übernehmen nun zusätzlich andere Fachbereichsleiter.
Beispiel Hausmeisterstelle an der Grundschule Hoffnungsthal. Früher hat es niemanden gekümmert, dass jede Schule einen Hausmeister hatte, weil Geld da war. Heute ist das anders. Wir haben uns die Aufgaben in Forsbach und Hoffnungsthal genau angesehen und sind zu dem Schluss gekommen, dass eine Hausmeisterstelle für beide Schulen reicht, weil die mit zu erledigenden Reinigungsleistungen in der Stadt jetzt anderweitig professionell und zentral erledigt werden. Ich habe allerdings Verständnis dafür, dass die Eltern das eigentlich nicht wollen.
Bei Ihrem Amtsantritt hatten Sie Wirtschaftsförderung zur Chefsache erklärt? War das angesichts der Kassenlage nicht ein wenig vollmundig?
Man kann Wirtschaftsförderung auch im Kleinen betreiben. Ein Beispiel: Ein Betrieb will sich erweitern, hatte Interesse an einer Immobilie, wollte auch noch in neue Maschinen investieren und dann fehlte eben das Geld. Und dann haben wir uns gemeinsam mit dem Immobilienbesitzer und den Banken an einen Tisch gesetzt und die Dinge in Fluss gebracht. Auch das ist Wirtschaftsförderung. Nicht unerwähnt lassen möchte ich den gerade erst veröffentlichten Wirtschaftskompass, der ein ausgesprochen positives Echo hat. Hinzu kommen zahlreiche persönliche Gespräche mit den verantwortlichen Unternehmern und Immobilienbesitzern. Hierdurch konnte beispielsweise auch eine Belebung der Rösrather Mitte erzielt werden und nicht zuletzt erreicht werden, dass Forsbach-Süd weiterhin mit Lebensmitteln versorgt wird.
Wann wird der Haushalt 2010 verabschiedet?
Voraussichtlich im März. Aber was wollen Sie da verabschieden, wir haben doch nichts. Wir haben jetzt 46 Stadträte und den Bürgermeister, aber worüber werden wir uns noch auseinandersetzen in dieser Lage? Letztlich wohl hauptsächlich über Maßnahmen, die keine Kosten verursachen dürfen, oder über Einsparpotenziale.
Was hat Sie bisher In ihrem Amt am meisten überrascht?
Ich habe den Faktor Zeit unterschätzt. 24 Stunden am Tag reichen eigentlich nicht aus, um das Amt des Bürgermeisters auszufüllen, denn er wird ständig von allen Seiten gefordert. Von Seiten der Politik sprich vom Rat, von den Bürgerinnen und Bürgern mit all ihren Belangen, von den vielen Gremien und natürlich auch von der Verwaltung.
Das Interview führte (Sigrun Stroncik).