20 Jahre Stadt Rösrath

Eine Zeitreise durch die Geschichte

20 Jahre Stadt Rösrath

Die Geburt der Stadt kommen­tierte der Städte- und Gemeindebund NRW damals gewohnt behördlich trocken. »Mit der Verleihung des Titels ›Mittlere kreisangehörige Stadt‹ haben sich die Zuständig­keiten der früheren Gemeinde Rösrath beträchtlich erweitert. Das gilt namentlich für die Errichtung einer eigenen Baugenehmigungsbehörde. Ferner kann die Stadt ein eigenes Jugendamt einrichten. Für Bürger und Geschäftsleute ergeben sich damit kürzere Wege.« In den folgenden Jahren prosperiert Rösrath – neue Gewerbegebiete am Nuss­baum­weg und auf dem Reuschgelände entstehen, die Bürgerstiftung Rösrath wird gegrün­det, der Waldkindergarten Kupfersiefen eröffnet und der kreisweit erste Kunstrasenplatz der SV Union Rösrath eingeweiht. Im Frühjahr 2005 er­scheint die erste Ausgabe von RÖSRATH erleben und Bürgermeister Dieter Happ, darin befragt, was er besonders an der Stadt Rösrath möge, antwortet lakonisch »Alles«.

Im Januar 2007 übernehmen die Stadtwerke Rösrath das Hoffnungsthaler Freibad und stürzen sich mit Verve und rund drei Millionen Euro Budget in die Sanierung des Bades. Im Juni 2008 eröffnet es in neuem Glanz. Doch nicht nur Wasserratten zieht es ins Hoffnungsthaler Bad, auch Märchennächte und die Musik- und Literaturreihe »Freitags im Freibad« finden ihre Liebhaber. Kein Wunder eigentlich, dass das Bad 2018 von einem Online-Portal zum schönsten Freibad in NRW gekürt wird. Die Besucherzahlen erreichen in dieser auch sehr heißen und trockenen Saison Rekord­werte von fast 100000.

2007 ist auch für Rösrather Fußballfans ein großes Jahr. Im Rahmen der 100-Jahr-Feierlichkeiten des TV Hoffnungsthal gelingt der Fußballabteilung ein echter Coup – der 1. FC Köln spielt in Venauen gegen eine Auswahlmannschaft des TVH und der Union Rösrath und gewinnt neun zu null. Ein Jahr später dann eine Zäsur an der Stadtspitze. Dieter Happ, seit 1989 Bürgermeister von Rösrath, tritt bei der Kommunalwahl nicht wieder an. Obwohl meist in Schwarz gekleidet, außer bei der Büßerprozession in der belgischen Partnerstadt Veurne, dort trug er immer rote Socken, ist er in »seinem« Rösrath bekannt wie ein bunter Hund. Wie sehr ihn die Rösra­ther schätzen, zeigt die Verleihung der Ehrenbürgerwürde drei Jahre später. Sein Tod am Heiligabend 2018 löst in der Bevölkerung große Betroffenheit aus, beim Trauergottesdienst drän­gen sich die Menschen in der Forsbacher Heilig-Geist-Kirche.

Finanzkrise von 2008 trifft auch die Stadt Rösrath

Zurück ins Jahr 2008. Ein junger Bürgermeister, Marcus Mombauer, tritt voller Optimismus an. Doch die Wirtschafts- und Finanzkrise wirkt sich auch auf Rösrath aus. »Die Zeit hätte für ihn wohl nicht ungünstiger sein können. Die Krise ist auch in den Kommunen angekommen, die so gut wie pleite sind«, heißt es in einem Interview, das RÖSRATH erleben Ende 2009 mit ihm führt. Die Zeit des Haushaltssicherungskonzeptes kommt und mit ihm der Rasenmäher. So muss die Stadt ihre Ausgaben für freiwillige Leistungen – dazu zählen zum Beispiel Bibliotheken, Sportplätze und Kulturförderung – jährlich um zehn Prozent senken. 2008 wird die Rösra­ther Tafel für bedürftige Menschen gegründet, 2010 die Musikschule Rösrath-Overath aufgelöst.

Konjunkturpaket II und Regionale 2010 bringen den Aufschwung

Doch es kommt frisches Geld, das Konjunkturpaket II beschert Rösrath rund 2,7 Millionen Euro. Ein Großteil wird im Hallenbad an der Scharrenbroicher Straße verbaut, das drin­gend saniert werden muss, aber auch der Halfenhof wird umgestaltet und der Ortskern Rösrath verschö­nert. Die Regionale 2010 bringt dann endgültig neuen Schwung in die Stadt. Das Strukturförderprogramm finanziert die Sanierung von Schloss Eulenbroich und den Neubau der Bildungswerkstatt im Rahmen des »Kennen-Lernen-Umwelt»-Prgramms, 2011 folgt die große Eröffnung.

Kunst und Kultur

Den Herzschlag in der »guten Stube« von Rösrath gibt der Kulturverein Schloss Eulenbroich vor. Andreas Lüderitz und später Ingrid Ittel-Fernau prägen mit ihren Kontakten und ihrem Engagement seit 2003 das kulturelle Leben der Stadt. Doch nicht nur das Schloss ist Impulsgeber, 2005 gründet sich der Verein Künstler in Rösrath, die Kunstschmiede Krämer veranstaltet legendäre Art Nights und in der Brander Straße entsteht ein Skulpturen­park. Regelmäßige Aus­stellungen Rösra­ther Künstler, eine Freiluft-Galerie, der Verein Kultur unterwegs und exquisite Kirchenkonzerte, organisiert von Organistin Doris Röskenbleck, gestalten das kulturelle Leben. Und natürlich Fluxus-Künstlerin Mary Bauermeister, die viele Jahre in Forsbach lebte und deren Haus und Garten ein einziges Kunstwerk sind – auch sie seit 2011 Ehrenbürgerin der Stadt.

Neben Schloss Eulenbroich wird auch der historische Adelssitz Venauen runderneuert. Das Gebäude, in der NS-Zeit Gauschule und nach dem Krieg Internatsschule für die belgischen Streitkräfte, ist schwer sanierungsbedürftig und dient nach dem Abzug der Belgier 2003 vor allem als morbide Filmkulisse. Heute beherbergt es Eigentumswohnungen, um den nahe gelegenen See hat sich eine neue kleine Siedlung gebildet.

Das Wissen um die Stadthistorie ist übrigens dem Geschichtsverein Rösrath zu verdanken, dessen Mitglieder seit mehr als 40 Jahren akribisch Rös­raths Geschichte vermessen und bereits zahlreiche Publikationen dazu veröffentlicht haben.

Natur und Nachhaltigkeit sind die neuen Themen

Ab 2011 gewinnen die Themen Natur, Klima und Nachhaltigkeit zuneh­mend an Bedeutung. Um das geplante Gewerbegebiet Lehmbach Nord entbrennt ein erbitterter Kampf. Der Verein Lebenswertes Sülztal befürchtet drohende Hochwassergefahren und kann dies durch Gutachten belegen – die Pläne werden auf Eis gelegt. 2012 eröffnet das Info­portal Turmhof in der Wahner Heide. Zusammen mit Burg Wissem, Gut Leidenhausen und Steinhaus bildet es ein Verbundprojekt unter dem Dach des Forums Wahner Heide-Königs­forst. Im gleichen Jahr zieht die biologische Station des Kreises dort ein.

Die Stadtwerke Rösrath setzen verstärkt auf E-Mobilität und erneuerbare Energien. Vor dem Gebäude an der Hauptstraße 142 entsteht die erste öffentliche E-Ladestation in Rösrath und aufs Dach der Freibadgebäude kommt eine Photovoltaikanlage. 2013 steigen die Werke in den Ökostrom- und Gasmarkt ein, 2014 erhalten sie die Strom-Konzession für Rösrath, später auch die Gaskonzession.

Im Juni 2013 kommt es infolge eines Starkregens zu Überschwemmungen in Hoffnungsthal und Rambrücken, wo Siefen und Gammersbach über die Ufer treten. Auch Forsbach ist betroffen.

»Wir schaffen das« – Geflüchtete in Rösrath

Ab 2015 rückt mit den Flüchtlingen die soziale Frage in den Mittelpunkt. Anfang des Jahres wird die Flüchtlings­hilfe Rösrath gegründet, im Mai leben 188 geflüchtete Menschen in Rösrath – Ende 2018 sind es 324, im Juni 2021 noch 273. Die Willkommenskultur der Rösrather ist groß, es gibt unzählige Sachspenden, viel Engagement und ehrenamtliche Unterstützungsangebote. Die dezentrale Unterbringung der Menschen ermöglicht ihnen in vielen Fällen ein leichteres Ankommen.

Die Krisen – Corona und Hochwasserkatastrophe

Doch dann kommt die Corona-Pandemie und legt das städtische Leben weitgehend lahm. Keine kulturellen Veranstaltungen, kein Sport, geschlossene Geschäfte und digitaler Unterricht. Die große Sanierung des Schulzentrums gerät ins Stocken. Doch nach einem ersten Moment des Schocks ploppen überall Hilfsangebote auf, schließen sich über die sozialen Medien Menschen zusammen, um andere zu unter­stützen, entsteht wieder vielfältiges bürgerschaftliches Engagement.

Der Kommunalwahlkampf plätschert coronabedingt dahin und endet mit einem Paukenschlag. Nach zwölf Jahren als Bürgermeister unterliegt Marcus Mombauer bei der Stichwahl im September 2020 der Grünen Bondina Schulze. Die Karten im Stadtrat werden neu gemischt, zwei junge Parteien aus der Bürgerschaft kommen hinzu, die Gemengelage wird unübersichtlicher.

Nach der zweiten Coronawelle kehrt im Frühjahr dieses Jahres eine gewisse Entspannung ein, die Inzidenzzahlen gehen zurück. Vom Schul-Campus gibt es gleich zwei Neuigkeiten, die neue Gesamt­schule mit 108 Schülern ist erfolg­reich an den Start gegangen, auch sollen bis Ende 2021 der Neubau mit Entrée eingeweiht und die Mensa eröffnet werden.

Mit der Flut in der Nacht auf den 15. Juli folgt der jüngste Schlag in Rösraths Geschichte. Große Teile von Hoffnungsthal und Rösrath stehen unter Wasser. Not und Verzweiflung der Menschen sind groß, die Bilder schrecklich. Die Freiwillige Feuerwehr mit ihren 145 ehrenamtlich tätigen Feuerwehrleuten, das DRK und unzählige freiwillige Helfer arbeiten bis zum Anschlag. Und auch hier wieder eine unglaubliche Hilfsbereitschaft und Solidarität mit den Betroffenen. Und es zeigt sich: Wir alle sind Rösrath. Wir alle sind die Stadt. Eva Richter

Die Bürgermeister

Dieter Happ, SPD (1989 - 2008)
Der gelernte Buchbinder war in zahlreichen Vereinen aktiv und galt als sehr volksnah. In seine Zeit seit der Stadtwerdung 2001 fällt unter anderem die Entstehung neuer Gewerbegebiete und die Sanierung des Freibads Hoffnungsthal durch die Stadtwerke.

Marcus Mombauer, CDU (2008 - 2020)
Zuvor war der Diplom-Verwaltungswirt beim Landschaftsverband Rheinland. Sein Start ist von der Finanzkrise überschattet, die Rösrath für Jahre in ein Haushaltssicherungskonzept zwingt. Das Konjunkturpaket II und die Regionale 2010 mit der Schlossrenovierung bringen den Aufschwung. Bahnhöfe, Halfenhof und Veurneplatz werden neu gestaltet. Die Stadtwerke wagen sich auf den Strom- und Gasmarkt. Spätere Heraus­for­­derungen seiner Amtszeit sind die Ankunft der Flüchtlinge und die Corona-Pandemie.

Bondina Schulze, Grüne (Seit November 2020)
Die Diplom-Wirtschaftsjuristin war zuvor als Personalreferentin bei einem Logistikunternehmen tätig. Sie übernimmt das Amt als erste Frau in einer schwierigen Zeit. Die Corona-Pandemie erreicht Ende 2020 ihren Höhepunkt, Deutschland befindet sich im Lockdown. Schulzes Fokus richtet sich zunächst auf die Stärkung der Verwaltung, die nach der Finanzkrise personell deutlich ausgedünnt wurde. Die Hochwasserkatastrophe im Juli ist die nächste große Herausforderung.