Gerda Heudorf

Künstlerin und Weltenbummlerin

Gerda Heudorf

Zentrales Thema ihrer Kunst war und ist dabei der Mensch, sein Verhalten und sein Wesen. »Wir haben uns immer mit den Fragen des Lebens beschäftigt. Wo kommen wir her, wo gehen wir hin? Wie ist die Erde entstanden, wie hat sie sich in Jahrmillionen entwickelt?« In ihren Kunstwerken zeigt sich diese Auseinandersetzung deutlich – da gibt es große, einander zugeneigte Tonfiguren im stummen Dialog, eine mehr als mannshohe tönerne Weltensäule, himmelstre­bende Wolkenkratzer aus bemalten Holzresten, Bilder mit kosmischen und archaischen Motiven und elegant geschwungene Keramiken. »Ich wollte immer wissen, was unter der Wurzel ist, musste den Dingen immer auf den Grund gehen.« Schon zu Schulzeiten löcherte sie Lehrer und Eltern mit Fragen, ein Interesse, das bis heute nicht nachgelassen hat. »Ich bin noch so neugierig auf das Leben«, sagt Gerda Heudorf und wirkt dabei, als stünde sie noch ganz am Anfang.

Ausprobiert hat sie sich ihr Leben lang, spielte als Jugendliche Ziehharmonika, wurde Hessen-Meisterin im Duo-Kunstradfahren, machte eine Schneiderlehre und hatte zeitweise ein eigenes Modeatelier. Zog mit Mann und kleinem Sohn erst nach Luxemburg, später nach Mainz, Bensberg und schließlich Rösrath. Machte in Mainz eine Ausbildung bei einer Bildhauerin, studierte dann in den 80er-Jahren – da war sie bereits über 50 – Kunst an der Fachhochschule Köln. Schloss 1989 mit 61 Jahren noch ein Studium der Ur- und Frühgeschichte an der Uni Köln ab, immer der Frage nach dem Woher auf der Spur. Mit ihrem Mann unternahm sie in fortgeschrittenem Alter Reisen durch Nordafrika und Namibia, bestaunte die Wüste und erforschte jahrtausendealte Wand­ma­lereien. »Wir sind oft einfach drauflosgefahren, haben uns treiben las­sen, interessante Menschen kennengelernt und spannende Dinge erlebt.«

Dazwischen gab es Rückschläge – das elterliche Haus im Krieg ausgebombt, feuchte Behelfsunterkünfte, in denen sie sich Asthma holte. Die Anfälle wurden später so schwer, dass sie sie einmal fast das Leben kosteten. Dann der Tod ihres Mannes vor acht Jahren, mit dem sie eine symbiotische Lebens- und Arbeitsbeziehung verband. »Wir haben uns immer gemeinsam mit unseren Fragen und Gedanken auseinandergesetzt, manchmal sogar zusammen an einem Kunst­werk gearbeitet.« Danach habe die Kunst sie aufgefangen, »Sie hat mir Halt gegeben und mir geholfen, den Tod meines Mannes besser zu verarbeiten.«

Derzeit macht Heudorf »eher kleine Sachen«, experimentiert mit neuen Materialien wie Metall oder Haaren, die sie bei ihrer Friseurin eingesam­melt hat. »Kunst ist in so vielen Dingen.« Metallreste aus Gießereien, seltsam geformte Äste aus dem Wald, Steine, Holzreste aus der Schreinerei – alles wird zu Kunst, manchmal stark bearbeitet, manchmal nur durch ein kleines Detail ergänzt. »Die Welt ist unerschöpflich«, sagt Gerda Heudorf, die selbst, obwohl gesundheitlich angeschlagen, unerschöpflich wirkt. Was sie sich wünscht fürs Leben? »Die eine oder andere kleine Übe­r­raschung noch – das wärs!« (ER)