Geschichte und Gegenwart
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Sommerberg

Geschichte und Gegenwart

Am 31. Juli 1909 wurde es als »Genesungsheim Wilhelm Augusta Victoria« eingeweiht, benannt nach dem Kaiserpaar Wilhelm dem Zweiten und seiner Frau Prinzessin Augusta Victoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg.

Silberhochzeit ermöglicht Bau
Die beiden hatten mit einer großzügigen Spende von 273 000 Mark anlässlich ihrer Silberhochzeit 1906 den Bau möglich gemacht. Nach ihrem Willen beherbergte das Haus vor allem Bergwerkarbeiter mit Staublunge und an Typhus Erkrankte.

Wie ein roter Faden zieht sich die soziale Nutzung bis heute fort: Im Ersten und Zweiten Weltkrieg diente Haus Sommerberg als Lazarett. In der Zeit dazwischen war unter anderem die Landesführerschule des Deutschen Roten Kreuzes am Sommerberg untergebracht. Nach 1945 wurde das Haus zur Lungenheilanstalt, 1962 gründete der Bundesverband der AWO ein Heim für »neurotisch-dissoziale männliche Jugendliche «. Seit 1984 ist Haus Sommerberg Hauptsitz des AWO-Bezirksverbandes Mittelrhein, der unter dem Namen Sommerberg zahlreiche Außenstellen von Düren bis zum Oberbergischen Kreis unterhält, die in der Kinder- und Jugendhilfe aktiv sind.

Wer lebt heute am Sommerberg?
Heute haben im Rösrather Haus Sommerberg 62 Erwachsene und 18 Kinder in kleinen Wohneinheiten ihr Zuhause gefunden, weitere 12 bis 14 Kinder werden teilstationär betreut. Sie alle sind entweder körperlich, geistig oder seelisch beeinträchtigt und benötigen intensiven pädagogischen Beistand. Welche Maßnahmen in der Jugendhilfe ergriffen werden, entscheidet das Stadtjugendamt. Es prüft die Anspruchsgrundlage auf ambulante oder stationäre Hilfe und erstellt gemeinsam mit den Pädagogen einen Plan. Insgesamt betreut die AWO Sommerberg 315 Menschen stationär und 794 im häuslichen Umfeld. Sie beschäftigt 340 Mitarbeiter, davon etwa 60 in Rösrath.

Der Mensch im Mittelpunkt
Die Pädagogen im Haus Sommerberg teilen den Alltag der Bewohner mit allem, was dazugehört: Morgens wecken, gemeinsam frühstücken, kochen, zusammen Besorgungen machen, Hausaufgaben erledigen und individuelle pädagogische Angebote betreuen. »Dabei steht immer der Mensch im Mittelpunkt«, betont Sabine Stelling, Regionalleiterin der AWO Rösrath/Overath. Ihr kommt es auf die Balance zwischen professioneller Haltung und liebevollem Umgang an, »den anderen wertschätzen und nicht belehren«. Ziel ist insbesondere bei Kindern und Jugendlichen immer die Rückführung in die Familie oder in die Selbstständigkeit. »Deshalb gibt es für alle, die hier leben, feste Strukturen und Pflichten. « Wer kann, arbeitet in Behindertenwerkstätten oder sozialen Projekten. So wird das im Rahmen der Regionale 2010 geplante Hofcafé in der Wahner Heide mit Hilfe von »Sommerberglern« renoviert, später soll dort in der Backstube geholfen werden.

Auf dem Gelände am Sommerberg steht eine Schreinerei unter der Regie von »Arbeit für Rösrath« (AfR) zur Verfügung, an alten Werkbänken arbeiten die Bewohner kreativ und handwerklich. In ihrer Freizeit dürfen sie sich im Hochseilgarten unter großen, alten Buchen austoben, ein »Niedrigseilgarten« für alle, die nicht so hoch hinaus können, entsteht gerade. Abends lädt ein Diskoraum zum Tanzen ein – auch Computer, Fernseher und Playstation werden nicht verteufelt, sondern der maßvolle Umgang damit geübt.

Berührungsängste abbauen
Natürlich gibt es immer wieder Rückschläge und Enttäuschungen, wenn Kinder und Jugendliche straffällig werden oder es nicht gelingt, Eltern aus alten Rollenmustern zu lösen. Stelling wirbt dennoch um Verständnis für ihre Schützlinge, denn »sie alle kommen mit ganz individuellen Lebens- und Leidensgeschichten zu uns«.

Obwohl der weitläufige Häuserkomplex wie ein kleines Dorf anmutet und der Postbote noch persönlich die Briefe bringt, fühlen sich die »Sommerbergler« als Rösrather und Teil der Gemeinde. »Berührungsängste sind verständlich«, findet Stelling, »aber unbegründet.« Sie lädt alle Rösratherinnen und Rösrather mit Kind und Kegel zum Spätsommerfest am 25. September ein, das unter dem Motto »Arabische Nächte am Sommerberg« steht. Ein arabischer Markt, orientalische Leckereien und Spiele laden zum Kennenlernen ein. (Petra Stoll-Hennen)

Zwischen Anatomieprüfung und »praktischer Arbeit« in der Schule des Roten Kreuzes schickte »Mariechen« am 16. Dezember 1939 Grüße von Haus Sommerberg an die Familie.

Die Fassade von Haus Sommerberg hat sich bis heute nur wenig verändert, versteckt sich aber hinter hochgewachsenen Bäumen und Büschen.

Anita Stieler, Geschäftsführerin

AWO Betriebsgesellschaft
Einrichtung der Kinder-, Jugend-, Famielien- und Behindertenhilfe
Am Sommerberg 86
51503 Rösrath
02205 8010