Mary Bauermeister und Mari Siebertz

Kunst

Mary Bauermeister und Mari Siebertz

Man bräuchte vermutlich eine Ewigkeit, um all die großen und kleinen Kunstwerke, Mitbringsel und Devotionalien zu sichten, angefangen von den monumentalen Steinbildern über die berühmten Linsenkästen bis hin zu exotischen Musikinstrumenten. »Für den Rest meines Lebens bin ich mit Ordnungmachen beschäftigt«, hat Bauermeister in einem Interview anläss­lich ihres 75. Geburtstags gesagt. Jetzt ist sie 87 und das Sichten, Ordnen und Restaurieren ist noch nicht abgeschlossen. Nicht zuletzt, weil sie in den letzten Jahren persönliche Schicksalsschläge hinnehmen musste. Sie erkrankte an Krebs, »der wächst zum Glück nur langsam«, dann brannte im April 2019 ihr Atelier in Oberagger komplett ab. Zehn Jahre Arbeit sind dabei verloren gegangen. »Ich habe lange gebraucht, um das zu verarbeiten. Bis mir irgendwann die Erkenntnis kam, nicht das Ergebnis ist wichtig, sondern die Freude am Arbeiten.«

Mary Bauermeister wäre nicht sie selbst, wenn sie nicht auch aus diesem Ereignis etwas Neues erschaffen hätte. Die angebrannten Stein- und geschmolzenen Linsenbilder sind aktuell in einer »Brandopferhütte« in ihrem weitläufigen Garten untergebracht und sollen im November in einer Ausstellung in Kiel gezeigt werden. »Eigentlich sind diese versehrten Werke viel spannender als die heilen.«

Bauermeisters künstlerisches Wirken und ihr philosophischer Lebensansatz inspirieren nicht nur Kunst­liebhaber, sondern auch junge Rös­rather. »Ich hatte seit den 70er-Jahren eigentlich immer junge Leute als Praktikanten hier – sie haben mich bei praktischen Arbeiten unterstützt, ich habe sie in Theorie unterrichtet.« Auch heute noch gehen junge Menschen bei ihr ein und aus. »Sie vermitteln so viel Lebensfreude, sind noch so schattenlos und leben ganz für die Zukunft.« Eine von ihnen ist Mari Siebertz, Tochter eines Malermeisters und selbst Malergesellin. Ihr großer Traum ist es, Restauratorin zu werden. »Nach dem Realschulabschluss war ich ein Jahr in den USA und habe an der Highschool viel Kunst machen können«, erzählt die 24-Jährige, während sie auf Bauermeisters Geheiß vorsichtig Linsen auf eine Glasplatte klebt. Ins Malerhandwerk wollte sie ursprünglich gar nicht, entschied sich nach dem Fachabitur in Kunst und Gestalten aber doch dafür, im Familienbetrieb eine Ausbildung zu machen. »Ich habe gesehen, wie vielseitig das Malerhandwerk ist, wie viele unterschiedliche Techniken und Materialien es gibt – das fand ich dann doch sehr spannend.« Vor drei Jahren machte sie die Gesellenprüfung, derzeit lernt sie für ihren Meister. Zwei Mal pro Woche kommt Mari zu Mary, um unter deren Anleitung an Kunstwerken zu arbeiten. Nebenbei kann sie einer Restauratorin über die Schulter schauen, die gerade einige Bauermeister-Bilder instand setzt. »Ich möchte gerne an der Restauratorenschule an der TH Köln studieren, die Aufnahme­kriterien sind aber sehr streng«, erzählt Mari, die hofft, bei der arrivierten Künstlerin das nötige Rüstzeug dafür zu erwerben.

Mary Bauermeisters Elan ist der­weil ungebrochen, die Einladungen, sich an Ausstellungen zu beteiligen, reißen nicht ab. Zwar bezeichnet sie sich selbst als Auslaufmodell, arbei­tet jedoch immer noch täglich mehrere Stunden und schreibt an ihrem Buch Wege und Irrwege. Fast scheint es, als würde sie ewig leben. (ER)