Von Hof zu Hof

Wanderung fünfter Teil

Von Hof zu Hof

Haus Steeg. Hoch aufgeschossen, mit seinen steilen Giebeln thront er über der Sülztalstraße, ein historischer Fels inmitten der modernen Mobilitätsbrandung. Von Haus Steeg ist die Rede, das 1578 errichtet wurde und eines der ältesten Gebäude im Bergischen Land ist. Der Ausgangspunkt unserer Wanderung. Anfang des 19. Jahrhunderts hatte der erste Bürgermeister von Rösrath, Franz Wilhelm Gammersbach, in dem prächtigen Fachwerkbau seinen Amtssitz. Bekannt wurde er, als er 1813 von bergischen Aufständischen überfallen wurde. Sie vernichteten damals alle Personenstandsakten, um die Aushebung weiterer Rekruten durch die französischen Besatzer zu verhindern. Ein Akt des politischen Widerstands. Heute geht es hier friedlicher zu. Allerdings war es damals dafür wohl landschaftlich wesentlich idyllischer. Die Felder und Wiesen  sind verschwunden, das Gewerbegebiet Scharrenbroich dehnt sich vor uns aus. Vom Autobahnanschluss und der Sülztalstraße flutet Verkehrslärm hoch – ein ständiges monotones Rauschen, nur unterbrochen von dem Krach der Flugzeuge, die erschreckend niedrig über Rambrücken hinwegdüsen.

Gammersbacher Tal. Von der Sülztalstraße biegen wir in die Straße Rambrücken ein, gehen immer der Nase nach, lassen rechter Hand das Haus und den gepflegten Platz mit Grill des rührigen Heimatvereins Rambrücken liegen, münden in die Straße »Auf dem Saan« und streben dem Grenzübertritt  entgegen. Denn das Gammersbacher Tal gehört zum Lohmarer Stadtgebiet. Es ist mindestens so schön und scheint ebenso unberührt wie das Kupfersiefer. Über dem Gammersbach, der durch die Wiesen mäandert, suchen wir das blaue Band des Frühlings, das durch die Lüfte flattert, allerdings noch vergeblich. Der harte Winter hat seine Spuren hinterlassen. Der Frühjahrsputz wird anstrengend sein.

Hippenalm. Dennoch kündet Vogelgezwitscher von wärmerer Zukunft. Und da, plötzlich, mitten auf einer Wiese steht es: ein Lama, das cool über einen Zaun lugt. Von seinem ursprünglichen Verbreitungsgebiet, den Anden, ist es rund 12 000 Kilometer entfernt. Doch der friedliche Exot scheint sich zwischen wuselnden Ziegen und Enten auf der Hippenalm im Bergischen Land wohl auch gut zu fühlen.

Gammersbacher MÜhle. Wir lassen das glotzende Tier hinter uns und streben der Gammersbacher Mühle entgegen. Das unter Denkmalschutz stehende Ensemble aus dem 17. Jahrhundert gehörte einst zur Burg Schönrath. Die Gebäude sind ebenso gut erhalten wie das Mahlwerk und das vom Gammersbach angetriebene schwere eiserne Mühlrad. Auf einer Art Veranda haben es sich drei Pfauen gemütlich gemacht, lassen locker ihren imposanten Federschmuck hängen und kümmern sich keinen Deut um unsere Aufforderung, doch endlich mal ein Rad zu schlagen. Die Mühle ist beliebter Ausflugsort, erreichbar zu Fuß, per Rad oder durch eine nette altmodische Kutschfahrt. Unter Anleitung eines Bäckers kann man hier Brot im Steinofen backen, Kinder vergnügen sich auf dem Spielplatz oder gehen gerne auch mal zum Ponyreiten.

Georgshof. Doch wir müssen per pedes bergauf, überqueren bald schon eine Straße, auf der wir uns Richtung Muchensiefen wenden, um dann links in einen Weg einzubiegen, vorbei am Gammersbacher Hof, wo noch das Schild Weihnachtsmarkt prangt und in den Schonungen Tannenbäume aufs nächste Fest warten. Hoch oben überqueren wir die Schönrather Straße, sind nun wieder auf Rösrather Stadtgebiet, erreichen Fußheide und den Biobauernhof Stöcker, bei dem wir eine Wegzehrung kaufen. Die windigen Höhen warten und ganz links der Georgshof. Einst war er ebenfalls im Besitz der Herren von Burg Schönrath – ein großes Anwesen mit günstigen Bodenverhältnissen, wo sogar Ackerbau möglich war. Die denkmalgeschützte Scheune ist heute ein geschmackvoll gestaltetes Wohnhaus.

Burg Schönrath. Den Rösrather Ortsteil Georgshof hinter uns lassend, treffen wir wieder auf die Schönrather Straße und machen einen kurzen Orientierungshalt auf einem autoumtobten Kreisverkehr. Richtung Muchensiefen müssen wir hinunter in die Mulde eines Bächleins auf einem Weg, den auch Kröten gerne zu queren scheinen – wie ein Hinweisschild verrät. Hier stehen die Reste von Burg Schönrath. Möglicherweise haben Raubritter in dieser Niederungsburg ihr Unwesen getrieben. Im 13. Jahrhundert wurde sie erstmals urkundlich erwähnt und gehörte damals den Herren von Schönrode. Von der Hauptanlage sind nur noch von Natur überwucherte Mauerteile übrig. Bereits im 19. Jahrhundert wurde sie nicht mehr bewohnt, immer weiter abgetragen, bis sie 1928 gesprengt wurde. Man brauchte das Material zum Straßenbau. Die Vorburg und weitere Gebäudeteile sind heute noch gut in Schuss und privat bewohnt.  

Flakstation. Zurück zum Kreisverkehr, ein Stück die Schönrather hinauf und links Richtung Rodderhof führt die Richtung. Wir nehmen den Höhenweg, denn dort haben wir einen Panoramablick auf die Kölner Bucht. Hier irgendwo auf dieser Höhe, so informiert uns der Geschichtsverein, stand im 2. Weltkrieg eine Flakstation, um feindliche Flugzeuge abzuschießen. In der Ruhe hier oben können wir kaum erahnen, was es wirklich heißt, wenn ein Krieg die friedliche Stille mordet.

Mit diesem Gedanken steigen wir nach Rambrücken hinab, zum Ausgangspunkt unserer Wanderung. (Sigrun Stroncik)