Der Rösrather Wald

Klima

Der Rösrather Wald

Wer derzeit im Bergischen Land unterwegs ist, kann das selbst als Laie erkennen. Auf vielen Berghängen sieht man die grau-gelbe Farbe toter Fichtennadeln. Schuld ist der Borkenkäfer. »Eigentlich ist der ja ein guter Typ, der das Recycling des Waldes in Gang bringt«, erklärt Burkhard Bunse die Funktion des Insekts im Ökosystem Wald. Er sorgt dafür, dass kranke Bäume gesunden Platz machen, dass lichtbedürf­tige Pionier-Arten große Freiflächen finden und dass Fichten nur dort vorkommen, wo sie dauer­haft große Fitness entwickeln können. »Gesunde Fichten können sich ge­gen den Borkenkäfer gut wehren, weil sie Harz absondern, wenn er versucht, in ihre Rinde einzudringen. Auf diese Weise ersticken sie ihn«, erklärt der Förster. Aber die Fichten leiden durch zwei heiße trockene Sommer hintereinander an einem geschwäch­ten Immunsystem, weil sie als Flachwurzler schlicht nicht mehr an genug Wasser kommen, um vital zu bleiben. Vorboten des Klimawandels. Gleich­zeitig hat sich der Borkenkäfer durch das wärmere Klima explosionsartig vermehrt. »Man muss eben bedenken, dass ein einziges Borkenkäferweibchen bei güns­tigen Bedingungen bis zu 200 000 Nachkommen haben kann«, macht Bunse die Dimension klar. Geschwächte Wälder werden leichtes Opfer von Insekten und Pilzen. Deshalb bereitet Bunse nicht nur die Fichte Sorge, auch mit der Buche steht es nicht zum besten, auch sie leidet unter Trockenheits­stress und hat ihr Laub wesentlich früher als normal abgewor­fen, um weniger Wasser zu verdunsten. Als Laie denkt man, eigentlich hat es ja jetzt im Herbst tüchtig geregnet. Doch der nötige Grundwasserspeicher wurde trotzdem noch nicht wieder aufgefüllt.

Die Auswirkung

»Der Wald«, erklärt Burkhard Bunse, »hat für uns viele wichtige Funktionen. Er sorgt für Trinkwasser-, Klima- und Bodenschutz, ist ein Erholungsraum, aber auch ein Wirtschaftsfaktor mit seinem nachwachsenden Rohstoff Holz.« Ein geschädigter Wald kann diese Funktionen nur schlecht erfül­len. Das sind auch für die Waldbesit­zer in Rösrath schlimme Nachrichten. Ein Großteil der Waldflächen auf dem Stadtgebiet ist in privater Hand. Als Landesbediensteter betreut Bunse diese privaten Waldbesitzer, die nun mit der Situation klarkommen müssen.

Einer von ihnen ist Otto Engels. Der kleine, forstwirtschaftliche Betrieb Groß-Eygen mit Laub-, Misch- und Nadelwaldbeständen ist seit über 100 Jahren in Familienbesitz. »Doch was hier passiert, hat keiner meiner Vorfahren je erleben müs­sen«, erzählt Otto Engels sichtlich erschüttert. »Hier wurden Vermögenswerte vernichtet«, sagt er. Wir stehen auf seinem Wald­gebiet in der Nähe des Forsthauses Groß-Eygen, auch hier ist die Zerstörung durch den Borkenkäfer augenfällig. Engels, Jahrgang 1952, hat schon »als Pennäler viel Schweiß und Arbeit in die Kulturpflege« dieses Waldabschnitts gesteckt – und jetzt? Bereits Sturm Friederike sorgte für jede Menge Schadholz in Rösrath wie dem gesamten Bergischen Land, der Borkenkäfer hat die Situation nun enorm verschärft. Die Holzqualität ist gemindert, durch das Überangebot verfallen die Preise, und viele tote Bäume können gar nicht erst geerntet werden, weil die Kapazitäten an Waldarbeitern, Forstmaschinen und Holztransportern nicht ausreichen. Bunse beziffert den Schaden, der in Rösrather Wäldern bis jetzt** entstanden ist, auf über eine Million Euro. Auch Engels wird draufzahlen, nicht nur ökonomisch, son­dern auch emotional. »Ich bin eigentlich eine Frohnatur, aber bei diesem Thema kommen mir die Tränen. Was ich jetzt machen werde, weiß ich noch nicht. Ich muss mich da auch auf die Fachleute verlassen.«

Die Konsequenzen

Und was sagen die Fachleute? »Zunächst müssen jene kaputten Bäume herausgeholt werden, die zur Gefahr für den Menschen werden können oder die Verkehrssicherheit auf den Straßen gefährden«, sagt Bunse. Da stehen die Waldbesitzer in der Pflicht.

Und dann? Wer mit dem Wald arbeitet, denkt in langen Zeiträumen und mehreren Generationen. Die Fichten, die jetzt sterben, sind überwiegend nach den beiden Welt­kriegen gepflanzt worden. Sie hinterlassen große Schadflächen, aber vielleicht ja auch große Chancen. Langfristig gehe es um eine zukunftsfähige Erneuerung des Wal­des. Es brauche Bäume, die Hitze und Wetterextreme gut verkraften. Douglasie, Lärche, Eiche, Hainbuche oder Linde wären geeignete Kandidaten. Wobei Bunse schon bei früheren Wiederaufforstungen auf eine Mischung aus Nadel- und Laubholz gesetzt hat und die Waldbesitzer diesen teuren Weg mit ihm gegangen sind. Am Ende müsse man vielleicht auf die Dynamik der Natur setzen, denn Bäume wachsen auch ohne menschliches Zutun und auf eine sinnvolle Ergän­zung durch gezielte Anpflanzung.

Der Wald ist tot, es lebe der Wald! (Sigrun Stroncik)

Auch bei RÖSRATH erleben lernen wir immer wieder Neues kennen. So wissen wir jetzt, wie sich bei den Borkenkäfern die Buchdrucker von den Kupferstechern unterscheiden und was der Klimawandel für den Rösrather Wald bedeutet. Förster Burkhard Bunse danken wir für einen lehrreichen Waldspaziergang.