Strukturreform der Rösrather Schulen

Heißes Eisen

Strukturreform der Rösrather Schulen

Wie kann man der Tatsache Rechnung tragen, dass die Hauptschule mit gerade mal 15 Anmeldungen in diesem Jahr ein aussterbendes Modell ist, und dennoch für alle Grundschulkinder ein passendes Schulangebot in Rösrath bieten? Die Politiker aller Parteien werben bei den Eltern unisono für die Einrichtung einer Sekundarschule. Würde sie in Rösrath realisiert, gingen die Haupt- und Realschule darin auf.

Doch die Eltern sind skeptisch und rudern nicht so, wie es der Steuermann der Stadt gerne hätte. In einer ersten Umfrage fiel die Sekundarschule sang- und klanglos durch. Lag es an mangelnder Information und Kommunikation? Um das herauszufinden, startete der neu gegründete Arbeitskreis Schulentwicklung eine Informationsinitiative und lud Eltern der Dritt- und Viertklässler zum Gespräch ein. Moderiert vom früheren Schulpsychologen Reinhold Schmitz-Schretzmair gab es ausführliche Hintergrundinfos zur geplanten Ausgestaltung der Sekundarschule:

  • Die neue Schule soll Kinder mit allen Schulempfehlungen aufnehmen.
  • In Klasse 5 und 6 werden alle gemeinsam unterrichtet, danach wird differenziert.
  • In Kooperation mit dem Gymnasium soll auch das Erreichen des Abiturs nach 9 Jahren möglich sein.
  • Die Schule ist als Ganztagsschule angelegt mit drei Langtagen bis 15:45 Uhr.
  • Mit neuen pädagogischen Lernmethoden und einem attraktiven Schüler-Lehrer-Schlüssel von 25 soll die Lernentwicklung individueller begleitet und so ein positives Lernklima geschaffen werden.

Doch obwohl der Ansatz bildungstheoretisch modern ist und pädagogisch sinnvolle Konzepte enthält, sitzen die Zweifel tief. »Das Ganze ist doch nur ein Politikum«, ruft ein aufgebrachter Vater in der Grundschule Hoffnungsthal. »Wann sollen unsere Kinder denn nachmittags abschalten?« und »Mein Kind müsste dann sein Hobby im Verein aufgeben«, äußern die Eltern ihre ganz praktischen Bedenken. Hinzu kommen Ängste, dass das gesamte Unterrichts- und Bildungsniveau sinken könnte, dass gute Realschullehrer die Schule verlassen und die Kinder als Versuchskaninchen missbraucht würden.

Unterm Strich bleibt der Eindruck, dass die Stadt auch im zweiten Anlauf große Probleme haben wird, die Elternschaft mit ihren Argumenten zu überzeugen. Viele Betroffene glauben, dass das Modell nicht aus bildungspolitischer Überzeugung, sondern aus der Not heraus propagiert wird.

Was also bleibt? Die von Eltern angestoßene Gesamtschulinitiative gilt als gescheitert, weil die vorgeschriebene Drittelparität bei den Anmeldezahlen (Ein Drittel Gymnasialschüler, ein Drittel Realschüler und ein Drittel Hauptschüler) nicht erreichbar sei, heißt es. Initiatorin Stefanie Marx sieht nun in der Sekundarschule die einzige Chance, in Rösrath eine gemeinsame Beschulung aller Schüler zumindest in der Mittelstufe zu verwirklichen. Also eine Sekundarschule gegen den mehrheitlichen Elternwillen? Oder ein Verzicht auf die Sekundarschule mit der Konsequenz, dass immer mehr Kinder in Nachbargemeinden um einen Platz betteln müssen oder aus der Not heraus in einer für sie nicht geeigneten Schulform angemeldet werden? Schulpsychologe Schmitz-Schretzmair warnt vor einer Spirale von Überforderung, Leistungsdruck und vermindertem Selbstwertgefühl.

Schule soll fördern, (allgemein)bilden und auf die Berufs- oder Studienwahl vorbereiten. Zumindest bei dieser Wunschvorstellung sind sich Eltern und Politiker einig. Der Königsweg für Rösraths Schulen ist aber noch nicht gefunden. (Petra Stoll-Hennen)