Unsinnige Vorschriften

Behördenwillkür

Unsinnige Vorschriften

Nicht immer sind es spektakuläre Dinge, aber Geld kosten sie auch und sie summieren sich. Christoph Herrmann, Leiter des Fachbereichs Bauen, Planen, Umwelt und Verkehr erinnert sich, wie ein blauer Strich auf einer Flächennutzungskarte die Stadt einmal 160000 Mark gekostet hat. Als die Parkplätze an der Bitze gebaut werden sollten, entdeckte die zuständige Wasserbehörde im Flächennutzungsplan besagte blaue Linie, die auf ein Fließgewässer hinwies, das aber nicht mehr existierte. Doch die Behörde war unnachgiebig und verlangte, dass dieser nicht mehr vorhandene Bach wieder hervorgebaut werden sollte und so geschah es. Wasser fließt dort trotzdem nicht, denn es gibt ja keinen natürlichen Zufluss.

»Man kann Standards unter verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Es gibt welche, die Sinn machen und den Bürger weiterbringen, andere wiederum sind kontraproduktiv«, so sieht es Herrmann und denkt wohl an das geflügelte Dach, das die Stadt über den Bahn- und Busbahnhof spannen wollte. Dazu hätte eine seit 50 Jahren vor sich hinrostende Lampe weichen müssen. Doch nach den Standards der Deutschen Bundesbahn hätte daraufhin die gesamte Beleuchtung auf dem Bahnhof nach dem Stand 2010 erneuert werden müssen – eine sechsstellige Summe. Auf den Bau dieses Daches verzichtet man nun.

Bei Neu- und Umbau von Kitas oder Schulen reißen Bau-Brandschutz und andere Sicherheitsstandards riesige Löcher ins Budget. Denn auch sinnvolle Standards sind mangels Geld schwer zu erfüllen. »Kita-Öffnung bis 17 Uhr und andere Verbesserungsvorschriften haben die Betreuung um 50 Prozent teurer gemacht in den letzten Jahren«, erklärt Jugendamtsleiter Klaus Graß. Mal sind es die Schilderwälder, mal Mitarbeiter, die zur Haushaltsbefragung für den Mikrozensus abgestellt werden müssen. Seit Langem klagen die Städte über hohe Standards, die von dritter Seite gesetzt werden, aber die Kommunen nicht mehr bezahlen können. »Ich sehe mittlerweile das Konnexitätsprinzip verletzt«, erklärt Rösraths Bürgermeister Marcus Mombauer. Dieses Prinzip verknüpft die eigentlichen Aufgaben mit der Ausgabenverantwortung, nach dem Motto, wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen. (Sigrun Stroncik)