Kita und Tagespflege

Aktuelle Lage und Zukunftspläne

Kita und Tagespflege

Die Realität sieht etwas anders aus. Insbesondere Mütter und Väter von Erstgeborenen treibt die Sorge um, keine Zusage für einen Kindergartenplatz in Wohnortnähe zu erhalten oder eine geeignete Tages­pflege zu finden. Mit der Hochwasserkatastrophe ist das Problem nicht kleiner geworden, drei Kindergärten in Hoffnungsthal – Sonnenstrahl, Sankt Servatius und Volberg – sind von der Flut im Juli betroffen, insbesondere die Zukunft der Volberger Kita ist ungeklärt. Hinzu kommt, dass die ermittelten Bedarfszahlen für das Kindergartenjahr 2021/22 sowohl für Kinder über als auch unter drei Jahren eine Verschlechterung der sogenannten »Versorgungsquote« prognostizieren. Demnach fehlen im gesamten Stadtgebiet für Kinder über drei Jahre rein statistisch fast 80 Plätze. Cirka 935 einwohnermeldeamtlich erfasste Kinder über drei Jahre treffen auf 841 von den Trä­gern gemeldete freie Plätze, für Kinder unter drei Jahren sinkt die Versorgungsquote 2021/22 von 47 auf 43 Prozent. 742 einwohnermeldeamtlich erfasste Kinder unter drei Jahren treffen auf 193 frei werdende Plätze in den Einrichtungen plus 125 Plätze in der Tagespflege.

Auf der Vermittlungsliste der Stadt stehen nach eigenen Anga­ben »lediglich« rund 44 Kinder über drei Jahre und 20 Kinder unter drei Jahren.

»Jedes Kind soll versorgt werden«, so der Anspruch der Stadt. Doch wie kann das gelingen?

Fragen an die Stadt

Chris Michelle Döring, Annika Wittfeld, Peter Gold und Ulrich Kowalewski beantworten die Fragen von RÖSRATH erleben.

Wie erklärt sich die Diskrepanz zwischen den statistischen Lücken und den Wartelisten?*

STADT RÖSRATH: Insgesamt wurden 90 Negativbe­nachrichtigungen über Little Bird an die Eltern versendet. Die Diskrepanz bildet sich aufgrund der Tatsache, dass die Vermittlungsliste nur einen Teil der Bedarfe der Eltern in Rösrath widerspiegelt. Die Vermittlungs­liste erfasst die Eltern, die sich zusätzlich zu ihrer Be­darfs­­mel­dung auf dem Platzvermittlungsportal Little Bird beim Jugend­amt der Stadt Rösrath gemeldet und ihren Bedarf erneut angezeigt haben.

Zwischen den Trägern der Kindertageseinrichtungen und dem Jugendamt gibt es die Vereinbarung, dass die Plätze bis November des Vorjahres (Beispiel: November 2021 endet die Platzvergabe für August 2022) im ersten Lauf vergeben werden. Die Eltern haben dann die Mög­lichkeit, die Reservierung innerhalb von zwei Wochen zu- oder abzusagen. Nach Absage oder Ablauf der Zweiwochenfrist wird der Platz erneut vergeben. Da sich dieses Prozedere in die Länge ziehen kann, verschickt das Jugendamt erst Anfang/Mitte Januar das Stammda­ten­blatt zur Aufnahme in die Vermittlungsliste nach Nachfrage an die Eltern. Nicht alle Eltern melden sich zusätzlich zu Little Bird beim Jugendamt, um auf diese Vermittlungsliste zu kommen. Sofern Kitas noch freie Plätze haben, können (Trägerautonomie) sich diese dann beim Jugendamt melden und Kinder vermittelt werden.

Das Jugendamt ist verpflichtet, spätestens sechs Wochen vor gewünschtem Betreuungsbeginn (Betreuungsanfrage Little Bird) mitzu­teilen, ob diesem nachgekommen werden kann. Alle Eltern, denen bis zu diesem Zeitpunkt kein zumutbarer Betreuungsplatz angeboten werden konnte, erhalten eine Negativbenachrichtigung.

Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass es keine Pflicht gibt, dass Kinder eine Kindertageseinrichtung/Kindertagespflegestelle besuchen müssen. Demnach wird es immer Kinder geben, die statistisch zwar auftauchen, jedoch tatsächlich keinen Bedarf haben.

Wie wirken sich die Folgen der Flutkatastrophe konkret auf die Versorgung in den kommenden zwei Jahren aus?

STADT RÖSRATH: Von der Flutkatastrophe sind drei Einrichtungen in Rösrath betroffen. Jedoch konnte für alle drei Einrichtungen eine Übergangslösung gefunden werden.

Theoretisch können die Einrichtungen mit voller Besetzung nach Betriebserlaubnis laufen (Sonnenstrahl nach Umsetzung der Planung der modularen Bauweise).

Faktisch kommt es jedoch durch die Aufteilung einer Einrichtung (Kita Vol­berg) an zwei unterschiedliche Stand­orte zu Herausforderungen, da die Personaldecke nicht hierfür vorgesehen war. Bei Erkrankungen des Personals in der Winterzeit kann es deshalb zu Ausfällen der Betreuung kommen, da dann die Aufsichts­pflicht und somit das Wohl der Kinder nicht mehr gewährleistet werden können.

Die Stadt Rösrath arbeitet zusammen mit den Trägern an, für alle umsetzbare, Lösungen.

Welche Anpassungen oder Erweiterungen hat die Stadt kurzfristig vorgenommen oder plant diese – Stichwort Waldkindergarten, Erweiterung bestehender Kitas?

STADT RÖSRATH: Der Plan, kurz­fris­tige Lösungen zu schaffen, ist aufgrund des Fachkräftemangels und fehlender passender Objekte/Grundstücke nicht umsetzbar.

Welche langfristigen Planungen gibt es für Aus- und Neubau und den Wiederaufbau Volberg?

STADT RÖSRATH: Im Jugendhilfeausschuss vom 21. Januar 2021 wurde beschlossen, dass in der Stadt Rösrath drei Einrichtungen eröffnet werden müssen. Zwei Einrichtungen mit mindestens drei Gruppen (Gruppenform noch unbekannt) plus Awo-Sommerberg-Kita derzeit geplant mit drei Gruppen.Aufgrund des Wegfalls der Gruppenform II (10 Kinder im Alter von 0 bis 3) in der Brander Straße und der sinkenden Anzahl an Kindertagespflegeplätzen sollte es mindestens zwei neue GF II in den zu planenden Einrichtungen geben.

Die Stadt Rösrath plant zusätzlich die aktive Akquise neuer Kindertagespflegepersonen anhand von Ausschreibungen in Zeitungen.

Wie funktioniert Little Bird?

Little Bird ist ein Anmeldeportal für Kitaplätze, das inzwischen in 10 Bundesländern und 276 Gemeinden Anwendung findet. Die Suchmaschine bietet Infos zu den einzelnen Kitas, die sich mit Fotos und Konzept vorstellen.

Für die Online-Anmeldung legen Eltern einen persönlichen Account an, mit dem sie immer auf dem aktuellen Stand ihrer Platzanfragen bleiben. Maximal fünf aktive Anfragen pro Kind sind gleichzeitig möglich. Dafür spielt es keine Rolle, ob die gewünschten Anbieter momentan freie Plätze haben. Die Vergabe liegt bei den Betreuungsanbietern selbst. Die Platzzusage erfolgt durch die Kindertageseinrichtungen per Post oder Mail bis spätestens Ende November für das Folgejahr. Die Annahme (Rücksendung des Anmeldebogens) muss spätestens nach zwei Wochen erfolgt sein. Erhält man eine Zusage und bestätigt diese, wird man automatisch bei den anderen angefragten Kitas gestrichen. Lehnt man das Angebot hingegen ab oder verpasst die Meldefrist, bleiben die restlichen Betreuungsanfragen aktiv. Für jede Absage kann eine weitere Betreuungsanfrage erstellt werden.

Hat man Ende November noch offene Anfragen in Little Bird laufen, kann es helfen, bei der Stadt nachzufragen, die in das System Einblick hat und grundsätzlich mitteilen kann, ob es in den Kitas, die sich bislang nicht gemeldet haben, noch freie Plätze gibt. Erst wenn bis Ende des Jahres über die Plattform keine Zusage erteilt wurde, nimmt die Stadt das Kind im Januar in ihre Vermittlungs­liste auf. Einen Platz in einer Kita zu erhalten, wird dann sehr schwer. Insbesondere für Kinder unter drei Jahren bleibt oft nur die Betreuung in der Tagespflege. Eine Wahlmöglichkeit der Betreuung besteht in der Praxis nur sehr eingeschränkt, denn auch hier sind Plätze knapp. 

Achtung. Hat man über Little Bird keinen Kitaplatz bekom­men, muss man die Anfrage jedes Jahr neu starten.

Fazit. Das System Little Bird will die Chancengleichheit verbessern, es kann allerdings den Mangel an Kitaplätzen nicht beheben. Nicht alle Kitas informieren die Eltern auch im Fall einer Absage oder diese kommt sehr spät und nur auf Nachfrage. Das Warten und Bangen, ob man eine Zusage über die Plattform erhält, ist nervenaufreibend und erschwert es Eltern auch heute noch, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.

Für Familien, die zuziehen, ist Little Bird nur bedingt hilfreich, denn für kurzfristige Bedarfe ist das System nicht geeignet. (Petra Stoll-Hennen)