Marcus Mombauer

Interview mit Bürgermeister

Marcus Mombauer

Welches Thema hat in Ihrer zweiten Amtszeit oberste Priorität, Herr Mombauer?
Ganz klar das Thema Bildung. Eine große Frage bleibt: Was geschieht mit dem Schulzentrum Freiherr-vom-Stein, zumal die Hauptschule 2017 ausläuft und dann ein Gebäude sozusagen übrig bleibt. In Sachen Schulzentrum hatten wir die Campus-Idee. Ziel war, Leben, Arbeiten und Lernen am Standort Freiherr-vom-Stein miteinander zu verbinden. Dafür gab es aber bis jetzt keine politische Mehrheit. Ich möchte trotzdem das Schulzentrum für solche Ideen öffnen. Die beiden neuen Direktoren von Realschule und Gymnasium sind zu Veränderungen bereit. Auch wichtig: Die Schulmensa muss ausgebaut werden, um den wachsenden Anforderungen durch den gebundenen Ganztagsschulbetrieb gerecht zu werden. Dafür benötigen wir weitere Flächen und da kommt auch die Aula ins Spiel. Es wird in Sachen Gebäude- und Raumnutzung unter Berücksichtigung der Inklusion sicher Veränderungen geben. Zum Thema Bildung gehören aber auch die Kindergärten. Unser Ziel ist es, dem Bedarf entsprechend einen neuen Kindergarten in Rösraths Mitte zu errichten. Die aktuelle Modul-Lösung darf nur ein Provisorium bleiben. Für die neue zentrale Kindertagesstätte suchen wir derzeit nach einem Träger.

Warum ist die Ausbildungsbörse in Rösrath gestorben? Die Schüler werden jetzt nach Overath gefahren und der Bezug zu Rösrath fehlt.
Meines Erachtens wurde diese Börse von der Schülerschaft nicht wirklich angenommen. Aber auch viele dort vertretene Unternehmer meinten, dass das Interesse nur mäßig gewesen sei. Seitens der Rösrather Schulvertreter wurde beschlossen, die Börse nach 2013 nicht weiter in Rösrath stattfinden zu lassen. Die Unternehmerinitiative Rhein-Berg hat sich des Themas angenommen und die Börse in 2014 auf Overather Stadtgebiet organisiert. Aus meiner Sicht wäre es eine gute Lösung, wenn Overath und Rösrath wechselseitig Veranstaltungsort sein könnten.

Neben den Schulen wollen Sie auch in andere Infrastrukturprojekte investieren. Welche sind geplant?
Es gibt zahlreiche Straßen im Stadtgebiet, die nicht mehr in dem Zustand sind, wie sie es eigentlich sein sollten. Im Zuge der Umgestaltung des Veurneplatzes wird endlich die Rotdornallee saniert. Für die Radfahrer sind auf der Fahrbahn markierte Schutzstreifen vorgesehen. Dazu wird es auch mehr Parkplätze entlang der Rotdornallee geben, eventuell auch breitere Bürgersteige. Auch der Sandweg muss saniert werden, schließlich ist er auch ein Schulweg. Allerdings fällt die Erneuerung städtischer Straßen bei den Anwohnern wegen der Beteiligung an den Kosten nicht immer auf Gegenliebe.

In Rösrath kommt es oft zu Staus und Verkehrsbehinderungen. Gibt es da schon Ideen, wie man hier Abhilfe schaffen kann?
Das Thema der Verkehrsstauungen rund um den Sülztalplatz kennt vermutlich jeder. Zu bestimmen Uhrzeiten steht man, wenn man von der Autobahn 3 kommt, lange wartend auf der Sülztalstraße. Es gibt einen Planentwurf, der diesem Problem Abhilfe schaffen könnte und der auch schon mit dem Landesbetrieb Straßen abgestimmt wurde. In einem weiteren Schritt wird er nun den politischen Vertretern vorgestellt und dort beraten. Ich habe keine Zweifel, dass dieser Vorschlag Zustimmung findet. Durch veränderte Spurbreiten und ein verbessertes Bankett könnten beide Fahrbahnen aus Richtung Rambrücken kommend früher parallel laufen. Für die Rechtsabbieger in Richtung Hoffnungsthal ließe sich die Ampel zudem durch einen Zebrastreifen ersetzen, sodass der Verkehr reibungslos fließen könnte und die Fußgänger nicht mehr warten müssten. Die entgegenkommende Spur aus Richtung Köln müsste zu diesem Zweck verschmälert werden.

Auch Hoffnungsthal hat Probleme mit der Verkehrssituation.
Da erwarte ich Entspannung, unter anderem nach der Sanierung der Rotdornallee auf gesamter Länge für cirka 2,2 Millionen Euro durch die Anordnung von Parkstreifen quer zur Fahrtrichtung. Allerdings wird es durch den neuen Markt am Veurneplatz und die erwarteten Kundenströme auch neue Begehrlichkeiten geben. Aktuell wird verwaltungsseitig ein Parkraumkonzept erstellt, in dem alle Möglichkeiten dargestellt werden. Herr Hausmann mit seinem Team der Stadtwerke begleitet uns bei diesem wichtigen Prozess. Schließlich sind saisonal auch die Besucher des Freibads betroffen.
Parallel hierzu ist beabsichtigt, parkende Autos per Halteverbotsschilder von den Hauptdurchgangsstraßen auszuschließen, damit der Verkehr fließen kann. Jedoch innerhalb der erlaubten Geschwindigkeiten. Diese Regelung soll für die Bergische Landstraße, die Bensberger Straße und den Sommerberg erarbeitet werden. Ich appelliere an alle Grundstücksbesitzer entlang dieser Straßen, ihre Fahrzeuge in den jeweiligen Einfahrten oder Garagen abzustellen.

Zu einer guten Infrastruktur gehören auch Gewerbeflächen. Durch die topografische Lage der Stadt gibt es dafür kaum weiteren Raum. Wo sehen Sie noch Potenzial?
Wir haben Unternehmer, die am Standort expandieren wollen oder müssen und mehr Platz benötigen. Daneben gibt es Firmen jenseits der BAB 3, denen man Alternativen anbieten muss. Weitere Gewerbeflächen sind also absolut nötig. Es gibt Ideen für Potenzialflächen. Nur wenige lassen sich jedoch umsetzen. Realisierbar ist aus meiner Sicht aktuell ausschließlich die Fläche im Ortsteil Rambrücken; unmittelbar angrenzend an das Gewerbegebiet Lohmar. Bei diesem Prozess, wenn er denn in realisierbare Nähe rückt, ist mir eine frühzeitige Anwohnerbeteiligung sehr wichtig.

Die Städte Lohmar und Siegburg kämpfen erneut vor Gericht für das Nachtflugverbot am Kölner Flughafen. Warum beteiligt sich Rösrath nicht daran?
Ich gehe davon aus, dass sich der Stadtrat auch an weiteren Klageverfahren der angrenzenden Städte beteiligen wird. In dieser Frage herrscht Konsens und unsere ständigen Vertreter in der Lärmkonferenz sind da unnachgiebig. Aktuell gibt es jedoch keine Anfrage unserer kommunalen Nachbarn. Bei früheren Verfahren waren wir beteiligt, doch stets stellte sich die Kostenfrage. Hilfreich sind da angekündigte finanzielle Beträge des aktuell leider in Auflösung befindlichen Rambrücker Vereins gegen Fluglärm, die für diesen Zweck verwendet werden sollen.

Thema Kultur. Sie wollen die kulturelle Vielfalt in der Stadt fördern. Wie passt das zu dem Umstand, dass die Servicestelle im Kulturbüro seit dem 1. Juli weggefallen ist?
Kulturarbeit gehört leider zu den freiwilligen Leistungen einer Stadt, die unser Finanzhaushalt anders als die sogenannten Pflichtleistungen grundsätzlich nicht zulässt. Erfreulicherweise konnten wir dennoch die eine einjährige Vakanz der Stelle herausragend personell und mit großem Engagement überbrücken. Ich gehe davon aus, dass spätestens Anfang des neuen Jahres die Stelle mit den Inhalten Kultur, Gleichstellung und Inklusion besetzt sein wird.

Sie haben sich das Thema Sicherheit und Ordnung auf die Fahnen geschrieben. Rösrath belegt in der Einbruchstatistik einen traurigen vorderen Platz. Reicht da eine Polizei- wache mit einer Sprechzeit von zehn Stunden pro Woche und die neue Ordnungspartnerschaft zwischen Ordnungsamt und Polizei aus?
Dass Rösrath öfter von Einbrechern heimgesucht wird, liegt auch an der guten Verkehrsanbindung. Die Täter reisen zumeist von außerhalb an. Die Bezirksdienstanlaufstelle halte ich für ausreichend, denn die Polizeibeamten sollten sich grundsätzlich nicht in Polizeiwachen aufhalten, sondern auf der Straße präsent sein. Das ist auch die Strategie, die vonseiten der Polizei verfolgt wird und die ich ausdrücklich begrüße. Eine Fahrzeugstreife ist so stets in Rösrath unterwegs. Die Zugriffszeiten werden hierdurch enorm gesenkt. Zudem gehen Polizei und Stadtwächter im Rahmen der Ordnungspartnerschaft gemeinsam offenen Auges durch das Stadtgebiet und machen Bürger auch auf Schwachstellen und Gefahren aufmerksam.
Außerdem wird Prävention großgeschrieben. Das heißt, dass auch noch zu später Stunde Brennpunkte gemeinsam bestreift werden. Flankierend zu diesen Maßnahmen wurde seitens des Jugendamts der »Runde Tisch« ins Leben gerufen. Hierbei befassen sich Polizei, Stadtverwaltung, Staatsanwaltschaft und Vertreter der Gerichte mit Kriminalitätsprävention im Jugendbereich.

Was verstehen Sie unter dem Mobilitätskonzept, das Sie verfolgen?
Hier geht es um Aspekte der Verbesserung der Angebotssituation unterschiedlicher Fortbewegungsarten, also dem Fuß-, Rad-, Individual- und öffentlichen Nahverkehr, aber auch um das Projekt »Bürgerbus«. Mir gefällt die Idee, dass zu bestimmten Zeiten, auf bestimmten Strecken, die der ÖPNV nicht abzudecken vermag, Ehrenamtler einen Kleinbus für ihre Mitbürger steuern.
Ein Projekt, an dem sich viele Akteure beteiligen sollen. Der Bus sollte ein Elektromobil und behindertengerecht sein. Angesichts der demografischen Entwicklung und der Alterung der Bevölkerung ist dieses Thema von Bedeutung. Ich kann mir da beispielsweise eine Supermarkt-Strecke vorstellen, sodass auch Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, trotzdem Einkäufe erledigen und so am Leben in der Gemeinschaft teilhaben können.

Die Förderung der örtlichen Wirtschaft war immer eines Ihrer Anliegen. Konkret, was passiert in Sachen Bitze?
Aus meiner Sicht ist ein Supermarkt an der Bitze nicht sinnvoll, weil er den Rösrather Bürgern aufgrund der örtlichen Lage wenig nützt und den bereits vorhandenen Gewerbetreibenden schaden würde, da Kaufkraft abflösse. Im Übrigen würden auch die dort vorhandenen zahlreichen Parkflächen wegfallen, die aber an dieser Stelle gebraucht werden. Sehr erfreulich wäre jedoch, wenn die unschöne Lücke an der Hauptstraße 15 bis17 sinnvoll geschlossen werden könnte.

Das Thema Altenwohnungen in Venauen ist in jüngster Zeit heftig diskutiert worden. Wie ist Ihre Meinung?
Hintergrund ist, dass ein Investor in Venauen zwischen Sülz und Château Venauen ein Altenwohnheim für insgesamt 140 Senioren errichten möchte. Das darf aus meiner Sicht nicht realisiert werden, denn es gibt in Rösrath zwischenzeitlich einen geänderten Bedarf an Bauflächen und eine gewandelte Anforderung an stadtgestalterische Aspekte. Insofern ist die aktuelle Diskussion gerechtfertigt.

Wie soll Rösrath in Zukunft aussehen?
Es gibt sicherlich Entwicklungen, die man nicht aufhalten kann, aber Rösrath darf dabei seinen Charakter nicht verlieren. Die reizvolle Lage im Grünen mit all ihren Möglichkeiten war und ist für viele Menschen ein Grund, sich für diesen Ort zu entscheiden und hier ihren Lebensmittelpunkt zu gründen. Wir dürfen diesen Standortvorteil im wahrsten Sinne des Wortes »nicht verbauen«.
Sicherlich ist über eine Verdichtung an bestimmten Örtlichkeiten nachzudenken, aber andere müssen dafür unangetastet bleiben. Oder anders: Wir können über Arrondierungen sprechen, auch über Lückenschluss, aber nicht über eine großflächige Bebauung der grünen Wiese.
Ich finde beispielsweise das neue Gebäude in Hoffnungsthal, wo einst die Druckerei Pilgram stand, gelungen. Auch die Bebauung, die neben der weißen Villa in Hoffnungsthal entstehen soll, sehe ich grundsätzlich positiv. Ebenso das bereits abgeschlossene Projekt auf dem Gelände der alten Post gegenüber dem Wöllner-Stift. Hier passen diese Bebauungen eher hin als in den Außenbereich. Gestalterische Aspekte sind jedoch stets zu berücksichtigen.
Rösrath kann noch attraktiver werden. Vor allem aber noch barrierefreier in einer alternden Gesellschaft. Eine Stadt im Grünen mit guter Infrastruktur in der unmittelbaren Nachbarschaft einer Großstadt. Liebens- und lebenswert. Das gilt es zu erhalten, aber auch weiterzuentwickeln.