Josef Rottländer

Menschen in Rösrath

Josef Rottländer

Er sei vielmehr ein Pfarrer in der Verfügbarkeit verschiedener Dienste, der den Menschen vor Ort als Ansprechpartner zur Seite stehen will. Es gehört zu Rottländers Selbstverständnis, nah am Alltag der Menschen zu sein und sie nicht von oben herab zu belehren, sondern auf Augenhöhe zu beglei­ten. Klasse, Geschlecht, Rasse und Religion sind dabei egal. Über Rottländer heißt es, er sei ein Menschenfischer, der sein Netz eben immer auf seine Weise ausgelegt habe, in welcher Kirchengemeinde er im Laufe seines Lebens auch tätig war.

»Bänke schon mal raus aus dem Kirchenraum, frischer Wind in den Gottesdienst, weg von der Museumskirche, gelebte Ökumene, Frauen in Weihe-Ämter, Zölibat auf freiwilliger Basis«, gerade zu stark kontrovers geführten Diskussionen innerhalb der Kirche hat er stets klar Stellung bezogen, hielt den bisweilen recht stürmischen Gegenwind aus, zog seinen eigenen Kopf nie ein, sondern behielt ihn oben. Das ist bis heute so geblieben.

»Keine andere Kirche, sondern Kirche anders!« Diesen zentralen Leitsatz seines Priesterlebens betonte er deshalb noch einmal im vergangenen Jahr, als er in Kleineichen sein goldenes Priesterjubiläum feierte. Trotz seiner 77 Jahre sucht er immer noch nach neuen Wegen und frischen Ideen, um die katholische Gemeinde mit Leben zu füllen. »Wir dürfen uns als Kirche vor Ort nicht zurückziehen«, betont er, der sich gegen den Trend stemmt und die Konzentration auf einige Großpfarreien beklagenswert findet.

Sein Weihejahrgang 1967, geprägt vom zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965), war etwas Besonderes, findet Rottländer. Papst Johannes XXIII. hatte die Fenster der Kirche weit geöffnet und frischen Wind hereingelassen. Von dieser Atmosphäre der Freiheit und Zukunftsoffenheit angesteckt, freuten sich er und seine Jahrgangskollegen über das neue Gemeindeverständnis und neue Liturgieformen und gingen mit frischem Elan ans Werk, obwohl es damals schon eine Rückwärtsbewegung gab. So nahm Rottländer bei manchen Gelegenheiten auch am Abendmahl der Protestanten teil, was nicht allen gefiel. »Gehor­sam fällt mir eben schwer, denn Gehorsam ist eine Tugend der Esel.«

Josef Rottländer wuchs in Herrenhöhe zwischen Heiligenhaus und Hohkeppel mit fünf Geschwistern auf. Mehrere Onkel waren Priester. Folglich wurde er mit zehn Jahren in das Klosterjuvenat in Rottweil gesteckt. Die Jahre dort hinterließen bei ihm viele seelische Blessuren. Mit 16 büxte er ins Konvikt am Quirinus-Gymnasium in Neuss aus. Dort konnte er endlich aufatmen. »Deshalb ist Freiheit für mich auch so wichtig«, erzählt der Pfarrer im Ruhestand. Die Ver­tei­di­gung der »gottgegebenen individuellen Freiheit« wurde für ihn nun zu einem Leitmotiv, Quer- und selber Denken inklusive. Nach dem Abitur studierte Rott­länder zunächst Theologie und Sport, wurde dann aber Priester wegen des besagten Konzils, aber auch weil zwei Freunde sich für diesen Lebensweg entschieden hatten. Ihm selbst sei das Zölibat nie schwergefallen. »Der Kontakt zu den Menschen hilft«, sagt er. Neben den umfangreichen Beziehungen aus über 50-jähri­ger priesterlicher Tätigkeit sind die inten­siven Familienbande mit Ge­schwis­tern, Neffen und Nichten für ihn als Junggesellen von höchster Be­deutung. Gegen das Zwangszölibat ist er aber auf jeden Fall. Erst vor ein­em Jahr hat er gemeinsam mit anderen katholischen Priestern aus dem Erzbistum Köln einen entsprechenden offenen Brief aufgesetzt. »Die Kaste der Priester macht uns zu sehr zu Insidern, die aufeinander bezogen bleiben«, sagt Rottländer. »Diese Insider-Kirche entfernt sich vom Leben der anderen und schränkt die Sicht auf das andere ein.« (Sigrun Stroncik)

Drei Fragen an Josef Rottländer

Was mögen Sie besonders an der Stadt Rösrath?
Rottländer: Ich mag die Willkommenskultur der hiesigen Menschen. Ich fühle mich hier frei, weil ich bei den vielen Haupt- und Ehrenamtlichen keine Voreingenommenheit spüre.

Was würden Sie gerne in Rösrath ändern?
Ich wünschte, dass die Kirche in Kleineichen mit ihrem Areal weiter erhalten, gepflegt und mehr genutzt wird.

Verraten Sie uns Ihren Lieblingsplatz in Rösrath?
Im Königsforst gibt es eine Hütte mit einem Teich – eine Art Rastplatz. Dort sitze ich manchmal mit meinem Zugehhund und denke an den See Genezareth der Bibel.