Wenn Musik zum Bild wird

Lucie Albrecht

Wenn Musik zum Bild wird

»Das war ein Glück«, betont sie noch heute. Denn die weltoffene Art der Rheinländer erleichterte ihr den Beginn eines neuen Lebens, »auch wenn es ein harter Weg gewesen ist«.

Albrecht beißt sich durch, fängt trotz abgeschlossenem Gartenbaustudium noch einmal ganz unten an, zunächst als Floristin, lernt von »wunderbaren Kunden Kölsch-Deutsch«, macht das Abitur nach, studiert Diplom-Pädagogik und leitet schließlich über viele Jahre eine Zeitarbeitsfirma.

Mit dem ihr eigenen Mut, einer positiven Lebenseinstellung und Fleiß startet sie nebenbei ein Studium an der Malakademie bei Professor Jürgen Knabe, das sie 2007 mit einem Diplom in der Tasche und »großer Dankbarkeit für die Strenge und Inspiration« abschließt. Denn ihre Leidenschaft gehört schon von Kindesbeinen an der Musik und der Kunst. »Bereits als Mädchen habe ich die Oper und das Malen geliebt«, schwärmt die quirlige Künstlerin. Eine Kommilitonin und Freundin aus Japan gab schließlich die Initialzündung, beides zu verbinden. So gestaltet Albrecht heute nicht nur ihre Giraffen und andere Tiere im Pop-Art-Stil, sondern visualisiert mit großer Leidenschaft Musikstücke weltberühmter Komponisten wie Beet­hoven, Dvorák, Gershwin oder Rachmaninov. Zuletzt entstanden drei feurig rote Kompositionen zu Bizets Carmen.

»Die Töne werden in meinem Kopf zu Farben, erste Skizzen entstehen beim Zuhören, dann nimmt das Bild immer mehr Form und Farbe an.« Albrecht liebt es zu experimentieren. Sie »verbildert« auch Gedichte, malt großflächig mit unterschiedlichsten Materialien wie Kreide, Acryl, Aquarellfarben und probiert Techniken wie die Freskomalerei. Für ihre Pop-Art-Leidenschaft sammelt die Katzenliebhaberin laufend Material in der Natur, auf Flohmärkten oder in Baumärkten. Manchmal sucht sie auch gezielt im Internet, um ästhetisch schönes Ausgangsmaterial zu finden. Die bunte, oft karikative Gestaltung der Figuren spiegelt ihre Lust am Beobachten von Menschen und Menschlichem. »Humor ist für mich ein Lebenselixier«, betont die Wahl-Rösratherin. So steht in ihrem Atelier zu Hause auch Donald Trump im Antlitz eines Enterichs, eine Giraffe als gepuderte russische Diva oder bunte, wetterfeste Schweine als Rampensäue.

Bei aller Fröhlichkeit gibt es auch eine ernste Lucie Albrecht. »Die Kämpfe in der Ukraine haben mich sehr beschäftigt«, gesteht sie und ein düsteres Werk gibt Zeugnis davon. Auch die aktuelle Me-too-Debatte inspirierte sie zu einem Bilder-Duett, das sie für den Rösrather Frauentag zur Verfügung stellt und das in eindrucksvoller Weise Schmerz, Scham und Perversion verdeutlicht. Seit drei Jahren widmet sich Albrecht ganz der Kunst und hat dabei »noch immer mehr Ideen als Hände«. Nach der erfolgreichen Ausstellung »Fadenspiele« mit Kollegin Sabine Hack in Rösrath liebäugelt sie aktuell mit der Visualisierung von Songs der Beatles und bemalt erstmals Porzellan, »eine spannende Herausforderung, wie mein ganzes Leben«. (Petra Stoll-Hennen)

Info. Wer mehr von Lucie Albrecht sehen will, besucht das Atelier der Künstlerin im Adelenhof 38 oder eine ihrer nächsten Ausstellungen in Alfter, Remagen oder der Flora Köln.