Tülay Durdu

Menschen in Rösrath

Tülay Durdu

Durdu ist eben ein Mensch mit vielen Facetten, der sich gerne »aufschlaut«, das Gespräch mit anderen sucht, sich gegen Stillstand stemmt und gegen Vorurteile. Geboren in Bensberg, ist sie als Kind türkischer Gastarbeiter in Hoffnungsthal mit zwei Kulturen, zwei Religionen und zwei Sprachen aufgewachsen. »Ich ging in den katholischen Kindergarten, zu Hause sprach ich mit den Eltern türkisch und mit meinen vier Geschwistern deutsch, und gefeiert haben wir alle Feste, ob Ramadan, Ostern oder Weihnachten. Dadurch habe ich andere Sichtweisen ken­nengelernt und wahrscheinlich begegne ich ande­ren deshalb verständnisvoller und mit Neugierde und Interesse«, sagt sie.

Durdus Vater war Schweißer bei Reusch. Sie lebten in einer Werkswohnung direkt Am Hammer. »Wir waren die einzige türkische Familie unter lauter Deutschen, das hat wunder­bar geklappt, die Herkunft meiner Eltern hat überhaupt keine Rolle gespielt«, erinnert sie sich. Wenn sie morgens die Tür aufmachte, strömte das bunte vielfältige Leben herein und sie hinaus in die Welt. »Der Hammer und Hoffnungsthal, das ist meine Heimat, hier bin ich tief verwurzelt.« Durdu erzählt von dieser Heimat als einen Erinnerungs-Ort einer glücklichen Kindheit: Vor der Schule morgens die Brötchen von Rosenow, die Brausebonbons vom Spielzeugladen der alten Frau Preuß, Fußballspielen mit Jungs, gelebte gegenseitige Nachbarschaftshilfe, lebendige Familien-Diskussionen an langen reich gedeck­ten Tischen, ein Leben ohne Berührungsängste und im gegenseitigen Respekt. Von ihren Eltern, die beide religiös sind, hat sie wohl das mitbekommen, was Johann Wolfgang von Goethe einmal von Eltern angemahnt hatte: den Kindern »Wurzeln und Flügel« zu schenken.

Deutsche Staatsbürgerin wurde Durdu mit 28 Jahren, den türkischen Pass gab sie dafür ab. »Endlich durfte ich wählen«, freut sie sich noch heute. Sie ist in die SPD eingetreten und sitzt seit 2008 im Stadtrat, erst als sachkundige Bürgerin und seit 2014 als reguläres Ratsmitglied. »Es hat mich, schon seit ich denken kann, zur SPD hingezogen, ich kann das gar nicht mal so genau begründen. Ich denke, wegen der sozialen Werte, für die die SPD schon immer gekämpft hat.«

Über die Rösrather Stadtgrenzen hinaus bekannt wurde Durdu durch ihre Kandidatur für den Landrat im vergangenen Jahr. Aus dem anstrengenden Wahlkampf und der Niederlage habe sie viel Gutes mitgenommen, so die Sozialdemo­kratin im Rückblick. »Ich habe die Wut und Enttäuschung von Bürgern kennengelernt, konnte aber in durchaus schwierigen Gesprächen ein Stück weit auch diese Wut und vor allem auch Vorurteile nehmen.« Nach einem der zahlreichen Wahlkampfauftritte kam eine Frau auf sie zu, die erstaunt war, dass Durdu keine Dolmetscherin brauchte. So etwas nimmt die Rösratherin mit Humor. Doch wer sie fragt, ob sie als Türkin gut in Deutschland angekommen sei, dem antwortet sie bestimmt: »Ich war schon immer hier.« Viel schlimmer noch war, dass Frauen ihr sagten, Landrat wäre doch ein Männerjob. Sie konterte dann mit der Frage, wer Deutsch­land führe.

Jetzt will Tülay Durdu neuen Schwung in die Rösrather SPD bringen, Debatten und Veranstaltungen für die Bürger organisieren, Grundsatzdiskussionen anregen und Lösungen für bessere Schulen finden. Entmutigen wird sie sich nicht so leicht lassen: »Ich mag es nicht, wenn einer sagt, das klappt nicht, ohne es mehrmals versucht zu haben.« (Sigrun Stroncik)

3 Fragen an Tülay Durdu

Was mögen Sie besonders an der Stadt Rösrath?
Durdu: Ich liebe die Stadt, weil egal wo man hier ist, man immer einen schönen Ausblick genießen kann. Die Wahner Heide ist traumhaft, Forsbach und Hoffnungsthal sind traumhaft. Vielleicht liegt das daran, dass ich in dieser Stadt eine glückliche Kindheit hatte.

Was würden Sie gerne in Rösrath ändern?
Ich wünsche mir, dass alle Rösrather Kinder und Eltern hier vor Ort die für sie beste Schulform aussuchen können, also die Wahl haben. Außerdem wäre es schön, wenn die Haupt­straße sich ein klein wenig verlagern ließe, damit die Ortskerne mehr Lebensqualität bekommen und wieder zu Orten der Begegnung und des Verweilens werden.

Verraten Sie uns Ihren Lieblingsplatz in Rösrath?
Mein Lieblingsplatz ist die Straße Am Hammer, wo ich aufgewachsen bin.