Der Geschichtenerzähler

Martin Buchholz

Der Geschichtenerzähler

Der in Hamburg aufgewachsene Wahlrheinländer lebt seit 1999 mit Frau und Tochter in Rösrath, hat nach einem Volontariat evangelische Theologie in Bonn studiert und bereits während des Studiums als freischaffender Journalist bei der Deutschen Welle und dem WDR gearbeitet. »Der Wunsch, Geschichtenerzähler zu werden, stand immer fest«, erzählt Buchholz, »und die Bühne war von Anfang an ein Teil davon.«

Beides leben zu dürfen, betrachtet er als Privileg und Ausgleich. Als Dokumentarfilmer begleitet er Menschen über einen langen Zeitraum hautnah. »Da tauchst du unweiger­lich in das Leben des Protagonisten ein, das geht unter die eigene Haut«, beschreibt Buchholz den permanenten Spagat zwischen Empathie und professioneller Abgrenzung. Für seine Dokumentation Gott segne unseren Überfall über Diet Eman und Hein Sietsma, die als Liebes- und Diebespaar gegen die Judenverfolgung und damit um ihr eigenes Leben kämpften, erhält er 2003 den Grimmepreis für Buch und Regie. Bis heute begleitet er Schicksale mit der Kamera, die ihn bis in den Schlaf verfolgen. Steffi, die in der Co-Abhängigkeit ihres alkoholkranken Mannes fast mit ertrunken wäre; Sven, der die Idee hatte, Obdachlosen eine Wohnbox zu bauen und dabei den Preis der Nächstenliebe auf bitterste Art und Weise zu spüren bekommt. Ganz nebenbei begrabe man auch das ein oder andere Vorurteil, wie zuletzt bei der Dokumentation über den Sänger Thomas Anders. »Wenn du das Glatte durchbrichst, Kanten und Tiefen herausarbeitest, siehst du letztendlich immer einen Menschen.«

Manchmal entstehe daraus sogar eine Lebensfreundschaft, wie mit der alten Dame Edith Libbert, die Buchholz bis zu ihrem letzten Tag begleitete und die seine Besuche im Altenheim liebevoll als »Tage mit Goldrand« bezeichnete.

Film und Bühne sind für ihn zweierlei, doch dieses eine Mal schaffte es ein Film auch auf die Bühne. Ein Sessel, eine Lampe und eingespielte O-Töne von Edith, mehr brauchte es nicht, um die Frage »wie wollen wir leben« auch dem Publikum zu stellen und gemeinsam nach Tagen mit Goldrand zu suchen.

Als Songpoet offenbart Buchholz seine ganz persönliche Sicht der Dinge. Und hält es mit seinem Vorbild Hanns Dieter Hüsch: »Ein bisschen Philosophie muss sein.« In seinen Texten geht es um Glauben, Liebe, Hoffnung, »gelacht wird aber immer«. Ausgearbeitet werden die Songs in seinem Studio unter dem Dach, das er augenzwinkernd Raumschiff Enterprise nennt. Dort schneidet Buchholz Filme, komponiert alleine an der Gitarre oder gemeinsam mit Pianist Timo Böcking und schreibt Lieder für den evangelischen Kirchentag in Dortmund, wo er im Juni 2019 mit Cellist Torsten Harder auftreten wird. »Einer allein kann keinen Walzer tanzen«, beschreibt Buchholz sein Glück, mit großartigen Musikerkollegen auf der Bühne zu stehen. »Ich will mich berühren lassen und Menschen berühren«, sagt er, und das gelingt ihm als Filmemacher und Songpoet eindrucksvoll. (Petra Stoll-Hennen)

www.martinbuchholz.com