Zu Besuch bei Familie Salameh

Wir sind Rösrath

Zu Besuch bei Familie Salameh

Leonore Sünner von der Flüchtlingshilfe Rösrath ist da. Denn Ahmad und seine Frau Noura (30) haben Probleme mit der schwer verständlichen Nebenkostenabrechnung der Wohnung, in der die fünfköpfige Familie mittlerweile lebt. »Ohne Frau Sünner geht nichts«, lacht Ahmad. Die Flüchtlingshilfe begleitet die syrische Familie seit ihrem Ankommen in Rösrath vor gut zwei Jahren. Als in ihrem Heimatort nahe Damaskus die Sicherheitslage wegen des Bürgerkriegs immer prekärer wurde, haben die Salamehs wie viele ihrer Verwandten und Freunde das Hab und Gut verkauft – oder das, was davon noch übrig geblieben war ­– und sind über die Türkei nach Deutschland geflohen. Das ist drei Jahre her. Jetzt versuchen die Salamehs in einem fremden Land Fuß zu fassen und mit einer »schweren Sprache«, wie Noura bemerkt, zurechtzukommen. »Wir müssen hier unsere Zukunft bauen«, betont sie. »In Deutschland gibt es Sicherheit und eine gute Zukunft für meine Kinder«, ist Ahmad überzeugt.

In Syrien hatte er einen eigenen Damen-Friseurladen, Noura war Hausfrau. Hier in Rösrath ist der Familienalltag anders, angepasst an die neue Situation. Die häuslichen Aufgaben teilt sich das Paar jetzt meist, auch die Kinderbetreuung, denn Ahmad ist viel zu Hause. Er hat noch keinen festen Job, arbeitet aber einige Stunden in der Woche bei einem Friseur in Untereschbach. »Hier lerne ich von meinem Chef jeden Tag neue Fachwörter«, sagt Ahmad, »Ansatz färben« zum Beispiel. Vormittags haben er und seine Frau Deutschkurse, gemeinsam bereiten sie sich auf die B1-Prüfung vor. Wenn Ahmad diese schafft und ein Teil seiner Berufstätigkeit in Syrien hier anerkannt wird, will er eine verkürzte Ausbildung zum Friseur machen und dann Vollzeit arbeiten. Das ist sein Traum. Und Noura will auf jeden Fall den Führerschein machen und in Rösrath bleiben.

In der Kleinstadt fühlt sich die Familie wohl. Hier sei es auch ein­facher, Kontakt zu Deutschen zu bekommen als in der Großstadt, sagt Noura. »Die Leute sind sehr nett und hilfsbereit. Und für meine Kinder ist es auch besser.« Mahmoud geht in die sechste Klasse des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums. Wenn seine Eltern mit deutschen Worten ringen, springt er schnell als Dolmetscher ein. »Ich habe schon viele Freunde und war auch schon auf vielen Geburtstagspartys eingeladen«, strahlt er und fährt sich durchs stylish gekämmte Haar. Majd besucht die vierte Klasse der katholischen Grundschule. Mohmad, der Schüchterne, geht gleich mit seiner Kindergartengruppe zum Martinsumzug, um einen Mann zu ehren, der seinen Mantel mit einem Bettler geteilt hat. Die drei Söhne scheinen gut klarzukommen. Schule, Kinder­garten und Sportvereine helfen ihnen, in die neue Gesellschaft hineinzuwachsen und das hilft auch ihren Eltern. Die Salamehs sind auf dem Weg in eine neue Zukunft. Aber Heimweh, ja das haben sie natürlich. Besonders an solchen Tagen wie dem islamischen Zuckerfest, dem Fest des Fastenbrechens. »Dann«, so Noura, »merken wir besonders, wie sehr uns unsere syrischen Verwandten und Freunde fehlen.« (Sigrun Stroncik)

Rösrath in Zahlen

324 Asylbewerber und anerkannte Flücht­linge leben derzeit in Rösrath, 138 Frauen, 186 Männer. 95 Menschen sind in Wohnungen, 22 in Unterkünften untergebracht. 96 Geflüchtete sindallein stehend. Es gibt 57 Familien. Über ein Drittel der Geflüchteten sind Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre.