Antarktis – die größte Eismaschine der Welt

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Antarktis – die größte Eismaschine der Welt

Auch der Himmel zeigt sich von seiner besten Seite, unter vielen ungewohnten Sternbildern ist das Kreuz des Südens auszumachen. Und dann die wohl wichtigste Nachricht für die Nacht und den nächsten Tag von der Kommandobrücke: der Wetterbericht, Windstärke 3 bis 4, ruhige See, bewölkt mit Aufheiterungen. Eine Nachricht, die alle an Bord aufheitert, hat doch der Klabautermann, der sonst durch die gefürchteste Seestraße der Welt, die Drake-Passage, einen Sturm nach dem anderen peitscht, mit uns Erbarmen. Der erste Tag auf See ist ausgefüllt mit Informationen und Vorträgen über die Antarktis, die Landgänge und die Verhaltensregeln an Land. Renommierte wissenschaftliche Experten bereiten uns auf das Abenteuer Antarktis vor. Schließlich betreten wir einen Kontinent, der in seiner Einmaligkeit unter strengstem Naturschutz steht.

Wir stehen zu viert auf der Brücke, blicken erwartungsvoll über den Bug des Schiffes nach vorne. Der Kapitän zeigt mit seinem linken Arm schräg nach backbord, ein leichter Aufschrei, dort, dort links, plötzlich tauchen die ersten Eisberge auf, Antarktis wir kommen.

Unvergleichliche Sinneseindrücke liegen vor uns. Wasser, Eisberge, Gletscher so weit das Auge reicht. Sie schimmern in allen Schattierungen von Weiß und Grau, von Blau und Türkis. Mal wirken sie wie Kathedralen der Natur in der antarktischen Stille, mal knirscht und kracht es, wenn Wind und Strömung die mächtigen Eisschollen zusammenschieben.

Und dann die Landausflüge. Die Fram ankert vor der Küste und wir steigen jeweils zu acht Personen warm eingepackt und mit Schwimmweste ausgerüstet in kleine Landungsboote um, die vorher aus dem Bauch des Schiffes zu Wasser gelassen werden. Strenge Regeln erwarten uns an Land. Wir dürfen nur ein genau festgelegtes Gelände betreten, nichts zurücklassen und nichts mitnehmen, außer überwältigenden Eindrücken.

Auf der antarktischen Halbinsel und den vorgelagerten Süd-Shetland-Inseln reihen sich die Naturwunder wie Perlen an einer Schnur aneinander. Neben Vulkankratern, Gletschern und Eisbergen erleben wir riesige Kolonien von Pinguinen, dazu gesellen sich Robben und See-Elefanten. Einer der wissenschaftlichen Experten bringt es auf den Punkt: »Ein Bild, das vollkommen unwirklich ist. Ein Gebiet,  das mit Eisbergen geradezu übersät ist, und auf diesen Eisbergen sind dann jede Menge Pinguine, es sieht aus wie kleine Mohnstreusel auf einem Kuchen. Das Wasser spiegelglatt und dann hier an Land Tausende von Pinguinen.« Insgesamt schätzt man, dass auf dieser kleinen Insel, die nicht größer als vier Hektar ist, ungefähr 400000 Tiere leben – Robben, Kormorane, Pinguine. Und nicht zu vergessen, die Wale, ob Buckel- oder Zwergwale. Sie zu sehen und mit dem Schiff ein Stück ihres Weges zu begleiten, gehört zu den beeindruckendsten Erlebnissen einer Antarktis-Reise.

Die größte Eismaschine der Welt fesselt nicht nur die Aufmerksamkeit jeden Augenblick, sie lässt uns auch die Zerbrechlichkeit eines ganzen Naturraumes unmittelbar erleben. Nur wenn wir diesem sensiblen Ökosystem mit Respekt begegnen, können wir uns auch morgen noch an ihrer Einzigartigkeit erfreuen. (Wilfried Kochner)