Kein Instrument für schwache Nerven

Paul van Zelm

Kein Instrument für schwache Nerven

Für Paul van Zelm, niederländischer Hornist und seit 1999 Professor an der Kölner Hochschule für Musik und Tanz, ist das Horn wie die Verlängerung der eigenen Stimme. »Wäre ich nicht Hornist geworden, wäre ich heute wohl Sänger«, sagt der 52-Jährige, der mit seiner Familie schon lange in Rösrath lebt.

Das Horn sieht zwar schön aus, gilt aber als das schwierigste aller Blasinstrumente. Wenn der Luftfluss nur den Bruchteil einer Sekunde nicht stimmt oder sich Kondenswasser in einen der vielen Bögen sammelt, gibt es die gefürchteten Kiekser, die dann jeder im Konzertsaal hören kann. »Das ist dann Stress pur«, sagt van Zelm. Kein Instrument für schwache Nerven. Doch wenn man den Luftfluss beherrscht, dann sei das Horn ganz leicht, dann erschafft der Hornist während eines Konzertes selbst mit einem einzelnen Ton einen zauberhaften Moment, ganz so wie der Torwart, der lange während des Spiels nichts halten musste und dann die große Parade, die große Rettungstat vollbringt. Um diese Momente zuverlässig zu erzeugen, braucht es viel Trainingsfleiß. Mindestens vier Stunden pro Tag muss van Zelm üben. »Nach zwei bis drei Tagen Nichtstun bin ich schon nicht mehr konzerttauglich.«

Seine ersten musikalischen Erfahrungen sammelte van Zelm im Blasmusikorchester seines Geburtsortes Alkmaar, wo er zunächst Posaune spielte und dann auf das Horn wechselte, da war er schon 14. Van Zelm studierte schließlich am Konservatorium in Amsterdam bei Adriaan van Woudenberg sowie an der Folkwang-Hochschule Essen beim berühmten Hermann Baumann. Sein erstes Engagement erhielt er 1987 beim WDR Rundfunk-Sinfonieorchester, wo er heute noch als Solohornist freiberuflich tätig ist. »Für Blechbläser ist es gar nicht so schlimm, erst spät anzufangen, weil das Gebiss ausgewachsen sein muss und der Hornist außerdem nicht so viel Sololiteratur einzustudieren hat, denn die gibt es für dieses Instrument nun mal nicht allzu üppig.« Dafür aber ist das Horn die »Seele des Orchesters«, sagte einst Robert Schumann. Für van Zelm ist es ein Bindeglied zwischen den Blech- und Holzbläsern, das Harmonie und Ordnung stiftet.

Wie vielfältig das Instrument ist, konnten die Rösrather erst im Juni hören. Van Zelm gab in der Evangelischen Kirche Rösrath gemeinsam mit Kantorin Doris Röskenbleck und eini­gen Orchesterkollegen ein Benefizkonzert zugunsten der Flüchtlingshilfe.

»Früher hatte ich gar keine Zeit, um so etwas zu machen«, sagt van Zelm. Aber jetzt ist er auf den Geschmack gekommen und möchte jedes Jahr ein Benefizkonzert in Rösrath geben, um auch andere soziale Projekte zu unterstützen. Obwohl auch jetzt die Zeit knapp bemessen ist. Orchesterproben, Japanreise, Workshop zum Brahmstrio für Horn, Geige und Klavier, Studenten unterrichten, seine zwei kleinen Kinder mitbetreuen, während die Ehefrau studiert, das alles muss unter einen Hut gebracht werden. Und dann ist van Zelm auch noch Jurymitglied beim renommierten ARD-Musikwettbewerb, der bis zum 16. September läuft und bei dem unter anderem auch junge Hornisten um Preise spielen werden, hoffentlich ohne Kiekser. (Sigrun Stroncik)