Ingeborg Schmidt

Menschen in Rösrath

Ingeborg Schmidt

Das Deutsche Rote Kreuz ist so etwas wie der Lebensinhalt von Ingeborg Schmidt. Die Rösratherin bekleidet hier zwar ein Ehrenamt, managt aber eigentlich ein mittelständisches Unternehmen mit 750 festen Mitarbeitern und 400 ehrenamtlichen Helfern. Immerhin, ein Handy und ein Dienstwagen werden ihr gestellt, sagt sie. Auf ihrem Smartphone erscheinen Nachrich­ten im Minutentakt und mit dem Auto frisst sie derzeit tüchtig Kilometer, denn der DRK-Kreisverband betreibt in Rhein-Berg mittlerweile acht Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge, und sie schaut überall nach dem Rechten und hilft aus, wo es nötig ist. Seit die erste Einrichtung dieser Art am 24. Juli in Sand bezogen wurde, hat Ingeborg Schmidt keinen freien Tag mehr gehabt. Erschöpf­ung scheint sie nicht zu kennen. Sie denkt so schnell und gerade heraus wie sie redet. Energie tankt sie zu Hause in den Momenten, wo sie als evan­ge­lische Christin betet oder in der Bibel liest, um runterzukommen. Menschlichkeit ist der Grundsatz des DRK, der an erster Stelle steht, aus diesem Grundsatz und dem christlichen Gebot der Nächsten­liebe leitet Schmidt ihr Handeln ab. »Ich bin auch privat Rot-Kreuz. Im DRK zu sein ist eine Haltung, die man nicht an der Haustür abgibt«, betont sie.

Ingeborg Schmidt ist ein Rös­rather Urgestein. Sie wurde im Wöllner­-Stift ge­bo­ren und lebt immer noch in der Sülzstadt. Ende des Monats wird sie 60 Jahre alt. Ihre Eltern waren in der evangelischen Kirche engagiert, der Vater auch im DRK. Mit 14 machte sie dort eine Sanitätsausbildung. »Mit sieben Jahren wusste ich, dass ich Krankenschwester werden wollte«, erinnert sie sich. Später machte sie über das Abendgymnasium Abitur. An dem Tag, als sie die Zulassung fürs Medizinstudium hatte, erfuhr sie, dass sie schwanger war. Das Studium hat sie dann nicht aufgenommen. Als Krankenschwester arbeitet sie noch heute, wenn auch mit reduzierter Stundenzahl. Außerdem hat sie noch vier Kinder großgezogen, leitet neben dem Kreisverband auch den DRK-Ortsverein Rösrath und ist als Notfallseelsorgerin aktiv. »Ich bin sehr gut belastbar, und angesichts des Leids anderer schrumpfen die eigenen Probleme, das macht das Leben leichter.« Alt-Bürgermeister Krakau sagte ihr mal diktatorische Züge nach, bekennt sie lächelnd. Sie liebe eben klare Ansagen und angesichts von menschlichen Nöten habe sie keine Zeit für langes Durchdiskutieren von Befindlichkeiten, wenn doch Menschen einfach erst mal ärztliche Betreuung, ein Dach über dem Kopf, ein warmes Essen und Ruhe brauchen.

Ihre Energie springt auf andere über, das merkt man schnell, wenn man mit ihr zusammen ist. »Ich bin in der Lage, Menschen zu motivieren und für eine Sache zu begeistern«, so ihre Selbsteinschätzung. Wahrscheinlich kann sie das, weil sie selber so authentisch ist und genau­so für eine Sache brennt. Und so hat sie auch einen jungen syrischen Flüchtling in ihr Haus aufgenommen, die erwachsenen Kinder wohnen ja längst nicht mehr hier. Mit Awad (27) spricht sie in seltenen Mußestunden über die Gemeinsamkeiten von Koran und Bibel.

Ingeborg Schmidt möchte die Welt im Sinne des Roten Kreuzes mitgestalten und ein klein wenig besser machen. Für ganz Privates nimmt sie sich da selten Zeit. Wenn sie ihren Ehemann Nummer drei und die Kinder treffen will, muss Ingeborg Schmidt eigentlich nur in eines der Flüchtlingscamps fahren. Denn auch ihre Familie arbeitet mit großer Energie ehrenamtlich für das DRK. Ihr Vorbild scheint eben Strahlkraft zu haben. »Ich bin mit meinem Leben zufrieden, weil ich weiß, dass ich am richtigen Platz bin«, sagt sie zum Schluss und klingt wie ein Mensch, der mit sich im Einklang lebt – wie beneidenswert. (Sigrun Stroncik)

3 Fragen an Ingeborg Schmidt

Was mögen Sie besonders an der Stadt Rösrath?
Schmidt: Rösrath ist meine Heimat, wo ich die Menschen kenne und wo man vor Ort eine Menge bewegen kann. Wenn ich mal eine große Stadt brauche, ist die ja auch nicht weit weg.

Was würden Sie gerne in Rösrath ändern?
Eigentlich gibt es hier nichts, womit ich unzufrieden bin. Es gibt nichts anzuprangern.

Verraten Sie uns Ihren Lieblingsplatz in Rösrath?
Mein Zuhause ist mein Lieblingsplatz. Und dann auch noch das Rot-Kreuz-Haus in Rösrath, das ich selber mit meinem Mann und 50 Jugendlichen aufgebaut habe. Das ist dann mein zweites Zuhause. Da verbringe ich manchmal mehr Zeit als in meinem eigenen Haus.