Echte Errungenschaft oder bloße Augenwischerei?
Sorgerecht für nichteheliche Väter
Ein Anspruch auf Miteinräumung des Sorgerechts – neben der Kindesmutter – gibt es auch nach dieser Entscheidung des BGH noch nicht. Dafür bedarf es einer Neufassung der bestehenden Gesetze. Selbst wenn der Rechtsanspruch zukünftig gesetzlich geregelt wird, bedeutet das nicht automatisch, dass der dann mitberechtigte Kindesvater das Recht haben wird, sich in alle Lebensbereiche des Kindes einzumischen. Für die Regelung der Angelegenheiten des täglichen Lebens bleibt auch dann der erziehende Elternteil zuständig, bei dem das Kind seinen Lebensmittelpunkt hat. Etwas anderes gilt nur, wenn beide Eltern einträchtig miteinander leben und das Kind gemeinsam erziehen. Das sind aber nicht die klassischen Streitfälle in denen ein nichtehelicher Vater das alleinige oder das gemeinsame Sorgerecht begehrt.
Wie bisher haben die Familiengerichte und die Jugendämter in Streitfällen zukünftig zu prüfen, ob der Kindesvater das gemeinsame oder bei fehlender Geeignetheit der Kindesmutter sogar das alleinige Sorgerecht erhält. Bei zerstrittenen Elternteilen wird auch eine Gesetzesänderung und ein Rechtsanspruch des nichtehelichen Kindesvaters in der Praxis keine Lösung bieten. Elternteile, die sich bereits vorher nicht einig waren, werden auch bei einer gemeinsamen elterlichen Sorge solange gegeneinander kämpfen, bis das Sorgerecht – als gerichtlicher Akt der Problemlösung – wieder auf einen Elterteil allein übertragen wird.
Die zahlreichen Praxisprobleme wurden auch mit der hier angesprochenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht gelöst. Der Rechtsanspruch des nichtehelichen Vaters könnte zukünftig bloße Augenwischerei bleiben. Birgitta Wasser